Damit startet ein schriftliches Beschlussverfahren, das noch vor Gipfelbeginn abgeschlossen sein soll. Erhebt nämlich keiner der 27 EU-Staaten bis Donnerstag, 8.00 Uhr, einen Einspruch, gilt das Paket als angenommen.
Dazu soll ein vollständiges Importverbot von Flüssigerdgas (LNG) aus Russland schon 2027 in Kraft treten und damit ein Jahr früher als ursprünglich geplant. Zudem sind auch weitere Strafmaßnahmen im Finanzsektor und Handelsbereich sowie Einschränkungen der Bewegungsfreiheit russischer Diplomaten innerhalb der EU vorgesehen.
Vorschlag schon länger auf dem Tisch
Den Vorschlag für das Sanktionspaket hatte im vergangenen Monat die EU-Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen gemacht. Russland finanziere den Krieg in der Ukraine durch die Einnahmen aus dem Verkauf fossiler Brennstoffe, argumentierte die Deutsche. Um dem ein Ende zu setzen, sei es Zeit, den Hahn zuzudrehen.
US-Präsident Donald Trump hatte damals nach Versuchen, Kreml-Chef Wladimir Putin zu Friedensgesprächen mit der Ukraine zu bewegen, wieder einen deutlich härteren Kurs gegenüber Russland eingeschlagen. Der EU stellte er in Aussicht, neue harte US-Sanktionen zu verhängen, wenn diese vollständig auf russische Energie verzichte.
Fico fordert billigeren Strom
Die Einigung hatte sich abgezeichnet, nachdem die Slowakei am Mittwoch Zustimmung signalisiert hatte. Sollten die von der Slowakei gestellten Bedingungen bei dem EU-Gipfel diese Woche erfüllt werden, könnte sein Land grünes Licht geben, sagte Ministerpräsident Robert Fico am Mittwoch vor einem Parlamentsausschuss in Bratislava. Er kündigte zudem ein Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz vor dem Gipfel an.
Die Slowakei habe eigene Vorschläge in die Schlussfolgerungen des EU-Gipfels zur Energie- und Automobilindustrie eingebracht. Diese würden eine Bestimmung enthalten, wonach die Europäische Kommission auf die Energiepreise reagieren müsse. Fico sagte, die Kommission solle Maßnahmen zur Senkung der Strompreise in der EU vorlegen.
Slowakische Eigeninteressen
Er argumentierte, dass Strom in Europa teurer sei als in den Vereinigten Staaten und China, was die Wettbewerbsfähigkeit der EU beeinträchtige. Fico erwartet auch, dass der Plan der EU, den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren bis 2035 einzustellen, überdacht wird. Hybridfahrzeuge könnten beispielsweise eine Ausnahmeregelung erhalten, sagte er.
Die slowakische Wirtschaft wird von energieintensiver Industrieproduktion, vor allem Automobil- und Schwerindustrie, dominiert. Zugleich ist das EU- und NATO-Land stark von russischen Gas- und Ölimporten abhängig. Die Regierung in Bratislava sträubt sich dagegen, sich von russischen Energieimporten zu lösen, weil dadurch die ohnehin schon hohen Energiepreise weiter steigen würden.
Russisches Gas kommt weiter in EU
Nach einer kürzlich von der Umweltschutzorganisation Greenpeace veröffentlichten Studie wurden allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres noch etliche Milliarden Kubikmeter (bcm) russisches Flüssigerdgas (LNG) in die EU importiert. Deutlich zurückgegangen sind demnach in den vergangenen Jahren nur die Lieferungen von Pipeline-Gas aus Russland.
Als bedeutende LNG-Kunden Russlands in der EU nannte Greenpeace in der Untersuchung den französischen Ölkonzern Total, das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe sowie die spanische Naturgy. Durch ihre Flüssigerdgaskäufe bescherten sie dem russischen Staat in den vergangenen Jahren Gewinnsteuern in Milliardenhöhe.
Neue Exportverbote für Güter vorgesehen
Neben den Maßnahmen zum Flüssigerdgas sieht das neue Sanktionspaket vor, weiteren Banken aus Russland und befreundeten Ländern den Zugang zu den EU-Kapitalmärkten zu verwehren und Transaktionen mit ihnen zu verbieten. Auch soll verstärkt gegen die Nutzung von Kryptowährungen vorgegangen werden, die auch zur Umgehung von bestehenden Sanktionen dienen.
Im Handelsbereich soll es etwa neue Exportverbote für Güter und Dienstleistungen geben, die von der russischen Rüstungsindustrie genutzt werden können oder die russischen Industriekapazitäten stärken. Dazu gehören etwa bestimmte Chemikalien und Baumaterialien oder Dienstleistungen aus dem Bereich künstliche Intelligenz (KI). Zudem sind Handelsbeschränkungen gegen weitere Unternehmen aus Ländern wie China und Indien vorgesehen, die mit Russland Geschäfte betreiben.
Kampf gegen russische „Schattenflotte“
Im Kampf gegen die russische „Schattenflotte“ zur Umgehung von Energiesanktionen ist die Listung von Dutzenden weiteren Schiffen geplant. Sie werden künftig nicht mehr in Häfen von EU-Staaten einlaufen und auch nicht mehr von europäischen Unternehmen versichert, finanziert oder ausgerüstet werden dürfen. Künftig sind damit weit mehr als 500 Schiffe von Strafmaßnahmen betroffen.
Neue US-Sanktionen und abgesagtes Treffen Trump – Putin
Nach der EU verkündeten auch die USA neue Maßnahmen: Das US-Finanzministerium kündigte Sanktionen gegen die größten russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil an. Als Grund nannte Finanzminister Scott Bessent am Mittwoch die Weigerung von Kreml-Chef Wladimir Putin, den „sinnlosen“ Krieg in der Ukraine zu beenden. Das Ministerium sei „bereit, noch weiter zu gehen, wenn dies notwendig sein sollte“, fügte Bessent hinzu.
US-Präsident Donald Trump das in Aussicht gestellte baldige Treffen mit Putin in Budapest nach eigenen Angaben ab. Er meinte, dass die Gespräche mit Putin zu nichts führen würden. „Jedes Mal, wenn ich mit Wladimir spreche, habe ich gute Gespräche, aber dann führen sie nirgendwo hin“, sagte Trump am Mittwoch im Weißen Haus an der Seite von Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Am Vortag hatte Trump bereits mit Blick auf ein angekündigtes Gipfeltreffen mit Putin gesagt, er wolle „kein vergebliches Treffen“ mit dem Kreml-Chef zur Ukraine.