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Polizeieinsatz am Peršmanhof
Isabella Burtscher
Persmanhof-Kommission

Polizeieinsatz war rechtswidrig

Der Polizeieinsatz auf dem Persmanhof in Kärnten am 27. Juli war in mehrfacher Hinsicht unverhältnismäßig, rechtswidrig und zweifelhaft. Zu diesem Schluss kommt die vom Innenministerium eingesetzte Analysekommission in ihrem am Donnerstag präsentierten Abschlussbericht. Kritisiert wird vor allem das Verhalten des stellvertretenden Leiters des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), der den Großeinsatz bei einem antifaschistischen Camp angeordnet und geleitet hat.

Der mittlerweile einer anderen Dienststelle zugewiesene Beamte habe den Einsatz ohne Abstimmung mit Vorgesetzten initiiert und polizeilich geleitet, „obwohl er dafür weitgehend nicht zuständig war“, heißt es in dem Bericht der von Sektionschef Mathias Vogl geleiteten Kommission bestehend aus Volksgruppenvertretern von kärntner-slowenischen Vereinen und Verbänden sowie Vertretern aus Wissenschaft, Gedenkkultur und Justiz.

Fehlverhalten wird auch dem Bezirkshauptmann von Völkermarkt und dem Leiter der Außenstelle Kärnten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) attestiert. Der Bezirkshauptmann habe sich auf eine Beobachterrolle beschränkt und sei damit seiner Verantwortung für einen rechtmäßigen Ablauf als behördlicher Leiter nicht nachgekommen. Der BFA-Beamte wiederum habe Festnahmen ausgesprochen, ohne dazu ermächtigt zu sein, so die Kommission.

Persmanhof mit Zelten von oben
ORF
Verdacht von Verwaltungsübertretungen löste Einsatz aus

Vierstündiger Großeinsatz an Gedenkstätte

Der vierstündige Großeinsatz an einer wichtigen Gedenkstätte für den Widerstand slowenischer Partisanen gegen das NS-Regime hatte für schwere Kritik – auch aus dem slowenischen Nachbarland – gesorgt. Grundlage für den Einsatz, an dem Beamte von Polizei, LSE und BFA, Mitglieder der Schnellen Interventionsgruppe (SIG), eine Diensthundeführerin sowie ein Polizeihubschrauber beteiligt waren, war der Verdacht von Verwaltungsübertretungen durch falsch aufgestellte Zelte. Laut einer Anfragebeantwortung des Innenministeriums verursachte der Einsatz Kosten von 14.727 Euro – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Begründung bloß Vorwand

„Wir haben diesbezüglich keine nachvollziehbare Dokumentation gefunden“, so Vogl. Die Begründung erscheine in der Gesamtschau „als bloßer Vorwand für ein Einschreiten zu Zwecken des Verfassungsschutzes“. Die Identitätsfeststellungen hätten sich zudem auf die Nutzer der zwei außerhalb der Hofstelle aufgestellten Zelte beschränken müssen, stattdessen „wurden sie jedoch mit viel Aufwand auf alle Campteilnehmer erstreckt“.

Das Verhalten des polizeilichen, aber auch des behördlichen Einsatzleiters und des BFA-Vertreters sei in Teilen rechtswidrig gewesen, die übrigen unmittelbar an Ort und Stelle befindlichen Polizistinnen und Polizisten hätten ihre Aufgaben aber ordnungsgemäß erfüllt, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Wichtig sei auch, dass die Kommission festgestellt habe, dass sich der Einsatz gegen die slowenische Volksgruppe in Kärnten noch gegen die Gedenkstätte Persmanhof gerichtet habe.

Auseinandersetzung mit Geschichte empfohlen

Bei den Einsatzkräften fehlte laut Kommissionsbericht das Bewusstsein, dass ein polizeilicher Einsatz auf dem Persmanhof, der 1945 Schauplatz eines NS-Massakers an Angehörigen der slowenischen Volksgruppe durch Polizeikräfte war, besondere Sensibilität erfordert. Empfohlen werden daher unter anderem eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Persmanhofs im Rahmen der Fortbildung der Exekutive und im LSE Kärnten, der verstärkte Einsatz von Bodykameras durch die Exekutive und die Sicherstellung ausreichender Sprachkompetenz bei Exekutive und Behörden in gemischtsprachigen Gebieten, auch auf Führungsebene.

Das Innenministerium will diese Empfehlungen aufgreifen. Karner kündigte an, dass es künftig eine regionalspezifische Weiterbildung für Polizistinnen und Polizisten geben soll. Um die Sensibilität beim Einschreiten bei Gedenkstätten sicherzustellen, soll zudem vor jedem Einschreiten ein Vieraugenprinzip mit der darüberliegenden Dienststelle und auch Kontakt mit der Leitung der Gedenkstätte gehalten werden. Zudem gelte es, „eine Vereinnahmung von Gedenkstätten“ zu verhindern, so Karner.

Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, berichtete, dass er den slowenischen Botschafter am Vortag über den Inhalt des Berichts informiert und dabei auch sein Bedauern für das Fehlverhalten der betroffenen Beamten ausgedrückt habe. Zum Fehlverhalten der drei Beamten werde eine dienst- und disziplinarrechtliche Sachverhaltsdarstellung des Innenministeriums eingebracht.

Kaiser kündigt Konsequenzen an

„Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass alles getan wird, um entsprechende Konsequenzen für von der Analysekommission in ihrem Bericht zweifelsfrei festgestelltes Fehlverhalten der drei für den Polizeieinsatz Verantwortlichen zu ziehen.“ Dazu habe er die Amtsinspektion und die Organisationseinheit Personal beim Amt der Kärntner Landesregierung mit der unverzüglichen Prüfung sofortiger Maßnahmen betreffend den Völkermarkter Bezirkshauptmann beauftragt – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

„Es ist gut, dass die unverhältnismäßigen und rechtswidrigen Alleingänge des polizeilichen Einsatzleiters, des Bezirkshauptmannes und des Vertreters des BFA klar benannt und dargestellt wurden“, sagte Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) und forderte „klare personelle Konsequenzen“. Der Staatssekretär für Verfassungsschutz, Jörg Leichtfried (SPÖ), appellierte, die Empfehlungen der Kommission nun umzusetzen.

Gegen den stellvertretenden LSE-Chef sei ein Strafverfahren des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs anhängig, wodurch das Disziplinarverfahren unterbrochen ist, berichtete die Kärntner Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß.

Keine Anzeige gegen Teilnehmer

Gegen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem antifaschistischen Bildungscamp gibt es nach Angaben ihres Anwalts Rudi Vouk bisher keine Anzeigen. „Ich gehe davon aus, dass, wenn es nach drei Monaten noch nichts gibt, es wahrscheinlich auch in Zukunft nichts mehr geben wird“, so Vouk am Montag. Laut dem Obmann von Drustvo/Verein Persman, Markus Gönitzer, fand das Camp in Absprache mit der Gedenkstätte statt – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Lob von SPÖ, NEOS und Grünen, Kritik von FPÖ

Auch die SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, Sabine Schatz, und SPÖ-Volksgruppensprecherin Pia Maria Wieninger begrüßten die Arbeit der Kommission. Damit bestätige sich ihre Kritik an dem Einsatz und dem völlig unangemessenen Verhalten der Exekutive und der Behörden an dieser zentralen Gedenkstätte der Kärntner Slowenen.

Der Landessprecher von NEOS Kärnten, Janos Juvan, sagte, der Umgang der Behörden mit dem Gedenkort habe jegliche Sensibilität vermissen lassen und sei „völlig inakzeptabel“. Innenminister Karner sei „jetzt auch in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dieser rechtswidrige Einsatz personelle Konsequenzen für die Verantwortlichen hat“.

"Es ging nie um falsch aufgestellte Zelte, sondern ausschließlich um Repression. So ein Machtmissbrauch darf in einem Rechtsstaat niemals wieder passieren“, sagte Olga Voglauer, Volksgruppensprecherin der Grünen und Landessprecherin der Grünen Kärnten. Der Bericht schaffe Klarheit über die Vorgänge vom 27. Juli 2025 und lege ein systemisches Behördenversagen offen.

Als „skandalöses Manöver, um die eigene Polizei zu demontieren und linksextremen Gewalttätern einen Freibrief auszustellen“, kritisierte FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann den Abschlussbericht. Er ortete „ein fatales Signal, wenn engagierte Beamte, die gegen die als hochgradig gewaltbereit bekannte Antifa vorgehen, von der eigenen Regierung zum Sündenbock gemacht werden“.