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Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur energiesparenden Steuerung eines elektrisch erregten Motors und den Umrichter, der das besagte Verfahren nutzt.
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In der Industrie sorgen elektrische Antriebe für einen großen Anteil des Stromverbrauchs. Deshalb ist die Erhöhung der Energieeffizienz der Antriebe sowohl ökologisch als auch ökonomisch eine wichtige Aufgabe. Neben permanenterregten Motoren gibt es eine Reihe Elektromotoren, deren magnetisches Feld elektrisch erregt wird. Solche Motoren sind zum Beispiel fremderregte Gleichstrommotoren, Asynchronmotoren, fremderregte Synchronmotoren oder Synchron-Reluktanzmotoren. Bei diesen Motoren entstehen durch den Erregerstrom Verluste. Diese Verluste kann man bei den üblichen elektrischen Maschinen in zwei Kategorien einteilen: so genannte Eisenverluste und Kupferverluste. Die Kupferverluste entstehen durch den Strom bzw. Stromanteil, der für die Erregung des magnetischen Feldes zuständig ist. Dieser Verlustanteil ist von der Stromstärke und vom Wicklungswiderstand abhängig. Solche Ohmschen Verluste entstehen selbstverständlich auch in Wicklungen aus anderen Materialien, wie z. B. aus Aluminium. Da der Wicklungswiderstand temperaturabhängig ist, ist auch dieser Verlustanteil abhängig von der Materialtemperatur. Der andere Verlustanteil entsteht im weichmagnetischen Material (z. B. Dynamoblech) des Motors, wenn sich die Induktion ändert.
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Aufgabe der Erfindung ist die Reduzierung der Verluste, die durch die elektrische Erregung des Motors entstehen. Dazu wird die Felderregung so gesteuert, dass der Energieverbrauch der Anlage, in der der Antrieb eingesetzt ist, insgesamt gesenkt wird, ohne die dynamischen Eigenschaften des Antriebs in Bezug auf die konkrete Anwendung zu verschlechtern.
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Stand der Technik
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Die meisten hochdynamischen elektrischen Antriebe arbeiten mit der so genannten feldorientierten Regelung. Diese Reglung wurde ursprünglich für die dynamische Regelung von Drehstrom-Asynchronmotoren entwickelt, kann aber auch für andere elektrischen Motorarten verwendet werden. Die Grundidee der feldorientierten Reglung eines Asynchronmotors ist, dass der Statorstrom in zwei Anteile verteilt werden kann, i1d und i1q. Bei der Darstellung der Ströme als Raumzeiger sind die zwei Anteile orthogonal auf einander, i 1d ist parallel zum Raumzeiger der Rotorflusses (Ψ 2) und der Anteil i 1q ist 90° verdreht. Der Rotorfluss Ψ2 wird von i1d bestimmt und das Drehmoment m hängt vom Produkt des Stromanteils i1q und des Rotorflusses Ψ2 ab. Das Drehmoment m folgt diesem Produkt ohne Verzögerung, der Rotorfluss Ψ2 folgt jedoch dem Stromanteil i1d nur mit einer relativ großen Verzögerung. Diese Verzögerung ist durch die elektrische Zeitkonstante des Läufers bestimmt.
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Da der maximale Motorstrom (Statorstrom), den der einspeisende Umrichter erzeugen kann, begrenzt ist, ist auch das maximale Drehmoment mmax durch den Rotorfluss Ψ2 und durch den maximalen Stromanteil i1d begrenzt. Der Rotorfluss Ψ2 ist durch die Eisenverluste im magnetischen Kreis des Motors begrenzt. Bei hoher Erregung geht das magnetische Material in Sättigung und die Ummagnetisierungsverluste erhöhen sich überproportional. Deshalb wird der Fluss meistens nicht über den nominalen Fluss gewählt.
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Diese Verzögerung entsteht durch die Zeitkonstante der Statorwicklung, das heißt, die Induktivität des Motors verhindert eine ruckartige Erhöhung des Stromes. Diese Zeitkonstante ist meistens um eine Größenordnung kleiner, als die vorher erwähnte Zeitkonstante des Rotorkreises und kann durch einen optimalen Stromregelkreis im Umrichter zusätzlich kompensiert werden. Der schnelle Aufbau des Drehmomentes ist dadurch begrenzt, dass man den Rotorfluss nicht schnell genug erhöhen kann. Als Konsequenz wird der Fluss bei einem hochdynamischen Antrieb üblicherweise konstant groß gehalten, um das Drehmoment bei Bedarf mit nur minimaler Verzögerung bis zum Maximum erhöhen zu können.
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Um den Motorfluss konstant zu halten, arbeiten feldorientierte Regler mit konstant großem i1d Stromanteil, auch wenn der aktuelle Drehmomentbedarf dies nicht benötigt. Nachteil von diesem Verfahren sind die erhöhten Kupfer- und Eisenverluste im Motor, die erhöhten stromabhängigen Durchlass- und Schaltverluste in den Leistungsschaltern des Umrichters, sowie die Verlustleistung in den passiven Teilen des Stromkreises, wie Netzdrossel, Pufferkondensatoren, Verschienung, Verdrahtung usw.
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Ein abweichendes Verfahren wird benutzt, um höhere Drehzahlen erreichen zu können. Hier wird der Motorfluss reduziert (so genannte Feldschwächung), um trotz begrenzter Statorspannung Drehzahlen über dem nominalen Wert erreichen zu können. Dabei wird in Kauf genommen, dass der Motor bei Feldschwächung nur ein reduziertes Drehmoment erzeugen kann.
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Oft werden große Antriebe, die nicht besonders hochdynamisch geregelt werden müssen, wie zum Beispiel Bahnantriebe, anders geregelt. Hier wird nicht versucht den i1d Anteil konstant zu halten, sondern oft ein konstantes Verhältnis zwischen i1q und i1d angestrebt. Besonders oft wird dieses Verfahren bei Stromzwischenkreisumrichtern (I-Umrichter) verwendet. Dieses Verfahren ist aber nicht für hochdynamische Anwendungen geeignet.
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Gegenstand der Erfindung
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Ziel der Erfindung ist, einen günstigen Kompromiss zwischen minimalen Verlusten und maximaler Dynamik zu finden. Viele Maschinen arbeiten nicht ständig mit dem maximalen Drehmoment. Deshalb wird vorgeschlagen, abhängig von betriebstypischen Größen, wie Zeit, Betriebsart, Rotorposition oder anderen direkt messbaren oder indirekt berechenbaren Größen bzw. von deren Kombinationen einen variablen Rotorfluss bei dem Asynchronmotor zu erzeugen, wobei immer darauf geachtet werden muss, dass der Fluss möglichst klein ist, um die Verluste niedrig zu halten, aber immer groß genug ist, um die für den aktuellen Betrieb notwendigen Drehmomente erzeugen zu können.
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Die Abhängigkeit des maximal auftretbaren Drehmoments von ausgewerteten Betriebsgrößen kann zum Beispiel tabellarisch gespeichert werden. Eine andere Möglichkeit wäre die Vorgabe durch einen Entscheidungsbaum („decision tree”). Unabhängig von der Art der Realisierung ist das Problem mit so einer festen Vorgabe, dass das System auf Änderungen im System und auf zukünftige Anwendungsbedingungen nicht richtig reagieren kann. Deshalb wird vorgeschlagen, das System mit einer lernfähigen Einheit (LE) zu erweitern. Aufgabe dieser Einheit ist die bestmögliche Vorgabe des Fluss-Sollwertes (Ψ2soll) bzw. des Sollwertes für den i1d-Stromanteils (i1d soll), der Reglerstruktur des Umrichters entsprechend. Wurde eine Flussregelung in der Antriebsregelung realisiert, wird der Fluss-Sollwert vorgegeben; im Falle einer open-loop Flussvorgabe jedoch direkt der flussbildende Stromanteil. Eigentliche Aufgabe der lernfähigen Einheit LE ist die Vorhersage des maximalen Drehmomentbedarfes bzw. des dazu notwendigen minimalen Rotorflusses. Die Einheit LE lernt also die Eigenschaften der Anwendung bzw. die Regelmäßigkeiten in deren Steuerung.
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Sind solche Regelmäßigkeiten vorhanden, werden sie von der lernfähigen Einheit erkannt und im System genutzt, damit der Regler den Energiebedarf des Antriebes reduzieren kann.
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Lernende Maschinen sind bekanntlich in der Lage, verschiedene Muster in Signalen zu erkennen. Die lernfähige Einheit LE kann auf einer allgemein bekannten technischen Realisierung lernfähiger Systeme basieren, wie z. B. „Decision Tree Learning”, „k-Nearest Neighbor”, „Linear Regression”, „Logistic Regression”, „Winnow”, „LASSO”, „Ridge-Regression”, „ARIMA”, „Perceptron”, „Artifical Neural Networks”, „Deep Leraning”, „Naive Bayes”, „Baysian Network”, „Support Vector Machine”, „Boosting”, „Reinforcement learning”, „Markov Chain”, „Hidden Markov Model” oder auf einem ähnlichen, an sich bekannten maschinellen Lernverfahren.
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Viele von den bekannten Methoden für das maschinelle Lernen, wie Perceptron, Winnow, Logistic Regression, haben online Versionen, die von den erhaltenen Daten kontinuierlich lernen können. Bei Verwendung solcher Methoden kann die Qualität der Vorhersage für den optimalen Flusssollwert während des Betriebs ständig verbessert werden.
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Eingänge der erfindungsgemäßen lernfähigen Einheit LE sind die auszuwertenden internen und/oder externen Signale bzw. Systemgrößen. Ausgang ist in diesem Beispiel Ψ2soll bzw. i1d soll. Das Fehlersignal wird aus dem von der lernfähigen Einheit LE vorgegebenen Fluss-Sollwert Ψ2soll und aus dem Rotorfluss, der für das im realen Betrieb erforderliche Drehmoment notwendig ist, gebildet. Ein zu hoher Fluss schmälert die maximal erreichbare Verbesserung im Energieverbrauch, aber stört den eigentlichen Betrieb nicht. Ein Fehler in die andere Richtung (zu niedriger Fluss) beeinflusst jedoch die Dynamik des Antriebs negativ und kann zum Beispiel zu Qualitätsproblemen in der Fertigung bei einer Fertigungsanlage führen. Deshalb ist es sinnvoll, die Fehlerfunktion („Error Measure”) so zu gestalten, dass ein zu niedriger Fluss viel stärker bestraft wird als ein Fluss, der größer als unbedingt notwendig ist. Es muss natürlich darauf geachtet werden, dass auch der zukünftige Drehmomentbedarf vorausschauend betrachtet wird, weil der Rotorfluss nur relativ langsam aufgebaut werden kann. Die Zeit, wie weit der Drehmomentbedarf in der Zukunft vorausgesagt werden muss, ist von der Zeitkonstante des Rotorkreises abhängig. Je langsamer der Fluss aufgebaut werden kann (also je größer die Zeitkonstante ist), für desto mehr Zeit in der Zukunft muss der Flussbedarf bestimmt werden.
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In einer alternativen Ausführung der Erfindung gibt die lernfähige Einheit LE nicht direkt den Fluss Ψ2 soll bzw. den Fluss bildenden Stromanteil i1d soll vor, sondern versucht, den Drehmomentbedarf selber vorherzusagen. Vorteil dieser Methode ist, dass die lernfähige Einheit LE ohne negative Folgen lernen kann. Während dieser Initialphase arbeitet der Antrieb mit dem nominalen Rotorfluss. Erst wenn die lernfähige Einheit LE bereits mit sehr großer Zuverlässigkeit den maximal zu erwartenden Drehmomentbedarf vorhersagen kann, wird erfindungsgemäß diese Vorhersage für die Vorgabe des Rotorflusses verwendet.
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Falls es absichtliche Änderungen im Betrieb gibt, wie zum Beispiel Formatwechsel in einer Produktionsanlage, kann das System einfach zurückgesetzt werden. Danach arbeitet der Antrieb wieder mit dem maximalen (also nominalen) Fluss und die lernfähige Einheit LE versucht das Muster in der Drehmomentvorgabe neu zu erlernen. Sie vergisst also die gelernten Regelmäßigkeiten im Drehmomentbedarf und lernt den Zusammenhang zwischen den beobachteten Betriebsgrößen und dem maximal zu erwartenden Drehmomentsollwert (msoll max) erneut.
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Ergibt sich der Fall, dass der Drehmomentsollwert den vorhergesagten Wert übersteigt (eine Abweichung in die andere Richtung kann ohne Probleme ignoriert werden), ohne dass die Einheit vorher zurückgesetzt wurde, kann die Einheit LE selber erkennen, dass sich etwas im System verändert hat. Die Reaktion auf eine solche Erkenntnis kann fest vorgeschrieben oder programmierbar gestaltet werden. So kann das System die lernfähige Einheit LE zurücksetzen und den Lernprozess neu starten. Die Änderung kann jedoch auf ein Problem in der Anlage hinweisen. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, eine Warnung auszugeben oder (ev. in Abhängigkeit von definierten Bedingungen) vorsichtshalber die Anlage abzuschalten.
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Das obige Verfahren hat einen weiteren Vorteil für Antriebe, die auch im Feldschwächungsbereich arbeiten. Um höhere Drehzahlen (bei reduziertem Drehmoment) erreichen zu können, wird bei Elektromotoren der Fluss reduziert. Damit können auch hohe Drehzahlen erreicht werden, ohne die Statorspannung übermäßig erhöhen zu müssen. Da es bei Asynchronmotoren allerdings relativ lange dauert, bis sich der Fluss tatsächlich abbaut, ist es von Vorteil, wenn die erfindungsgemäße adaptive Steuerung von sich aus den Fluss rechtzeitig reduziert, wenn gerade kein hohes Drehmomentbedarf zu erwarten ist.
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Zusätzlich kann es vorteilhaft sein, wenn die lernfähige Einheit LE nicht nur den maximalen Drehmomentsollwert sondern auch andere Größen, wie zum Beispiel den Drehzahlsollwert vorhersagt und kontinuierlich mit dem tatsächlichen Wert nsoll im System vergleicht. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Einheit LE eine Änderung im Betrieb, wie zum Beispiel Formatwechsel in einer Fertigungsanlage, rechtzeitig erkennt, bevor durch falsche Vorhersage für das Drehmoment zu wenig Rotorfluss erzeugt wird und so eventuell der Betrieb negativ beeinflusst wird.
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Eine weitere Nutzung des aus der lernfähigen Einheit (LE) erfassten maximal zu erwartenden Drehmoments ist die Erhöhung des kurzzeitigen Drehmomentes des Antriebs. Der Umrichter, der den Asynchronmotor speist, kann nur einen von der Leistungselektronik bestimmten maximalen Strom liefern. Wie vorher bereits besprochen, besteht dieser Strom aus dem Drehmoment bildenden Anteil i
1q und aus dem Fluss bildenden Anteil i
1d. Für die Begrenzung gilt:
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Bei einer feldorientierten Regelung wird meistens der Fluss konstant gehalten. Deshalb ist i
1d auch entweder konstant (direkte Vorgabe von i
1d) oder ungefähr konstant (bei einer Flussregelung). Dadurch ist i
1q begrenzt:
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Man kann das Drehmoment kurzzeitig erhöhen, wenn man i1d reduziert und dadurch ein höherer i1q Anteil ermöglicht wird. Da die Zeitkonstante vom Rotorkreis relativ groß ist, reagiert der Fluss nicht sofort. Der erhöhte i1q Anteil zusammen mit dem noch unveränderten Rotorfluss ergibt so ein höheres Drehmoment. Nach gewisser Zeit sinkt jedoch der Rotorfluss und mit dem reduzierten Fluss sinkt auch das maximal erreichbare Drehmoment. Diese kurzeitige Erhöhung des Drehmomentes darf also nur dann eingesetzt werden, wenn danach für eine gewisse Zeit nur kleinere Drehmomente benötigt werden. In dieser Phase kann mit erhöhtem i1d Anteil der Fluss wieder aufgebaut werden. Erfindungsgemäß kann die lernfähige Einheit LE aus den zur Verfügung stehenden Signalen den maximalen Drehmomentbedarf vorhersagen und dadurch kann die Regelung entscheiden, ob eine kurzzeitige Reduzierung des i1d Anteiles in der aktuellen Phase machbar wäre, ohne die Dynamik nach diesem Ereignis zu gefährden.
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Wesentliches Merkmal der Erfindung ist, dass der Antrieb in der Lage ist, eigenständig und ohne a priori Wissen über die Anlage bzw. Maschine, in die der Antrieb eingesetzt ist, zu lernen, wie er den Drehmomentbedarf vorhersagen und dementsprechend den Rotorfluss des Antriebsmotors energietechnisch optimieren kann, mit dem Ziel, den Energieverbrauch des Antriebes zu senken. Dabei ist es jedoch vorgesehen, dass durch Nutzung von a priori Wissen über die Anlage bzw. über die typischen Anforderungen in einer Anlagenklasse, die Steuerung weiter verbessert werden kann.
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Beispielhafte Ausführung der Erfindung
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In einer beispielhaften Ausführung der Erfindung wird eine modifizierte „Supervised Learning”-Methode verwendet. („Supervised Learning” wird auf Deutsch manchmal als „Überwachtes Lernen” bezeichnet.)
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Bei einer klassischen „Supervised Learning”-Methode wird eine Sammlung von Daten („training examples”) für die Maschine zur Verfügung gestellt. Diese Beispiele werden vorher vom „Ausbilder” („knowledgeable external supervisor”) in Kategorien eingeordnet. Die lernende Maschine hat die Aufgabe, aus diesen Daten möglichst allgemeingültige Regeln abzuleiten, um zukünftige Daten klassifizieren zu können.
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Bei einer vorteilhaften Ausführung der Erfindung sammelt die Maschine jedoch selbstständig die Daten und sie selber ordnet sie im Nachhinein in Kategorien ein. Aufgabe der Maschine ist es, ähnlich wie bei einem klassischen überwachten Lernprozess, aus diesen Daten Regeln abzuleiten, wie sie zukünftige Daten on-line einordnen kann.
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1. Aufgabe: Sammlung von Übungsdaten
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Dazu werden die zur Verfügung stehenden (analogen und/oder digitalen) Signale von der lernfähigen Einheit gespeichert. Verwendbare Signale bei einem Antrieb sind z. B. interne Daten, wie Drehzahlsollwert, Drehmomentsollwert usw. Es können aber auch externe Daten, wie Drehzahlsollwert, Drehmomentsollwert usw. von weiteren Antrieben in der Anlage und weitere auswertbare Steuer- und Regelsignale in der Anlage mitausgewertet werden. Für die Speicherung dieser Daten kann z. B. eine interne Oszilloskop-Funktion im Antrieb benutzt werden.
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2. Aufgabe: Auswahl und Bearbeitung der Übungsdaten („Feature Selection” und „Feature Extraction”)
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Die Daten können beim eigentlichen Lernprozess als zeitliche Funktionen betrachtet werden, es ist jedoch auch möglich, einige Signale im Frequenzbereich zu betrachten. Dazu können aus dem zeitlichen Verlauf der Signale die spektralen Komponenten berechnet werden. Eine bekannte Methode dazu ist z. B. eine FFT-Berechnung (Fast Fourier Transformation).
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Die Anlage kann viele Signale aufweisen, die weder alleine noch mit anderen Signalen zusammen bei der Voraussagung des Drehmomentbedarfs behilflich sein können. Werden diese Signale auch beim Lernprozess verwendet, kann es dazu führen, dass der Merkmalraum („feature space”) eine zu hohe Dimensionalität aufweist und dadurch der Lernprozess erschwert wird. Um die Aufgabe mit technisch und wirtschaftlich verkraftbarem Aufwand und in akzeptablem Zeitrahmen lösen zu können, kann es deshalb zweckdienlich sein, nicht-relevante Signale aus dem Lernprozess auszuschließen („dimensionality reduction”). Die Auswahl der Signale, welche für den Lernprozess verwendet werden, die Aufnahmedauer der Daten, die Auflösung der Digitalisierung und die zeitliche Auflösung (sample rate) kann durch die lernfähige Einheit im Antrieb selber optimiert werden.
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Für die besagte Auswahl der Signale stehen in der Literatur bekannte Methoden zur Verfügung, die unter dem Oberbegriff „feature selection”, „feature filtering”, „feature wrapping” oder „feature transformation” beschrieben werden.
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Einige solche Methoden sind:
- – Principal Components Analysis (PCA)
- – Independent Components Analysis (ICA)
- – Random Components Analysis (RCA)
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Es kann jedoch auch mit einfacher Korrelationsrechnung festgestellt werden, ob bestimmte Signale mit dem zu voraussagenden Werten (zukünftige Drehmomentbedarf) korrelieren und so zur Vorhersagen eignen. Dazu muss zum Beispiel die Kreuzkorrelationsfunktion oder die Kreuzleistungsspektrum berechnet und ausgewertet werden, wie es in der Signalanalyse üblich ist.
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Für die Vereinfachung und Beschleunigung des Lernprozesses ist es oft empfehlenswert, die zum Lernen verwendeten Signale vorzubereiten (feature extraction). Ein möglicher Weg für die erfindungsgemäße Aufgabe ergibt sich aus der Tatsache, dass viele Bearbeitungsmaschinen, bei denen solche lernfähige Antriebseinheiten eingesetzt werden können, sequentiell arbeiten. Das zu bearbeitende Teil durchläuft zum Beispiel mehrere Stationen. So kann beispielweise eine erhöhte Stromaufnahme beim Antrieb in der Vorgängerstation ein Hinweis sein, dass demnächst mit einem erhöhten Drehmomentbedarf im Antrieb zu rechnen ist. Am einfachsten kann die Steuerung dazu die Strom- bzw. Leistungsaufnahme des anderen Antriebs mit einem Grenzwert vergleichen und die Zeit nach der Überschreitung dieses Grenzwertes messen und als Übungsdaten verwenden. Da sich sowohl die Reihenfolge in der Bearbeitung als auch die Zeitverschiebung von Anlage zu Anlage ändern kann, ist Aufgabe der Steuerung, diese Zusammenhänge durch den Lernprozess zu erkennen und die zeitliche Verspätung zu lernen. Ähnlicherweise können auch andere Änderungen wie die Erhöhung der Drehzahl in einem anderen Antrieb der Anlage oder digitale Signale, wie Start- oder Betätigungssignale von verschieden Aktoren bzw. Ausgangssignale von verschiedenen Sensoren in der Anlage zum Lernen verwendet werden. In diesem Beispiel würden die Übungsdaten aus den Zeitangaben von verschiedenen, von der Steuerung automatisch ausgewählten Ereignissen bestehen. Die zu lernende Größe wäre wiederum der zu erwartende Drehmomentbedarf.
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3. Aufgabe: Der eigentliche Lernprozess
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Für den eigentlichen Lernprozess kommen alle bekannten Methoden wie neuronale Netze, Boosting, Support Vector Machine, Markow-Kette, Hidden Markov Model, k-Nearest-Neighbor, Naiver Bayes-Klassifikator, Bayesian Network usw. in Frage. Falls jedoch nur begrenzte Rechenleistung und Speicherkapazität in der Steuerung zur Verfügung stehen, ist es sinnvoller, relativ einfache lineare Separatoren zu verwenden, in erster Linie: Perzeptron (perceptron), logistische Regression (logistic regression) oder Winnow. All diese Methoden haben auch „kernelized” Versionen für linear nicht separierbare Daten.
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Beim Lernprozess wird der Drehmomentbedarf in einem von der Steuerung selber festgelegten Zeitrahmen ausgewertet. Für jeden Datenpunkt (bestehend aus dem zeitlichen Verlauf und/oder spektralen Zusammenstellung der Signale oder daraus abgeleiteten Kenngrößen) kann eine reale Zahl als zukünftig maximal zu erwartender Drehmomentbedarf (z. B. in mNm, in Nm oder in beliebiger Skalierung) zugeordnet werden. In diesem Fall handelt es sich um eine so genannte Regression. Aus der Literatur bekannte Methoden dafür sind unter anderem: Lineare Regression, LASSO, Ridge-Regression, SVM-Regression, ARIMA.
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Eine weitere Möglichkeit ist den zu erwartenden maximalen Drehmomentbedarf in Drehmomentkategorien einzuordnen. Es können die zukünftigen maximalen Drehmomente in endlich viele (z. B. 3, 5 oder 10) Kategorien aufgeteilt werden, wobei die erste Kategorie dem minimalen und die letzte Kategorie dem maximalen zukünftig zu erwartenden Drehmomentbedarf entspricht. In diesem Fall können aus der Literatur bekannten so genannten „Multiclass Classifiers” verwendet werden.
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Der Zeitrahmen, in dem der Drehmomentbedarf für die Klassifizierung der Übungsdaten benutzt wird, beginnt nach dem Ende der Aufzeichnung der Signale. Der Anfang und das Ende der Auswertungsperiode für den späteren („zukünftigen”) Drehmomentbedarf hängt im Wesentlichen von der Rotor-Zeitkonstante des angeschlossenen Asynchronmotors ab. Die Zeit direkt nach der Aufzeichnung muss nicht unbedingt beachtet werden, weil der Antrieb für einen erhöhten Drehmomentbedarf in diesem Bereich nicht schnell genug den Rotorfluss aufbauen kann. Andererseits muss der Drehmomentbedarf nach einer gewissen Zeit nicht mehr betrachtet werden, weil es hier reicht, wenn der Antrieb auf den zu erwartenden höheren oder niedrigeren Drehmomentbedarf in einem späteren Zeitpunkt reagiert.
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4. Aufgabe: Bewertung die Lernergebnisse (Grad des „Selbstvertrauens”)
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Der Antrieb bzw. seine lernfähige Einheit kann die gelernte Fähigkeit, den zukünftigen Drehmomentbedarf zu prognostizieren, selber überprüfen. Dazu ist es sinnvoll, nach der abgeschlossenen Lernphase eine Testphase einzuführen. In dieser Testphase versucht die besagte lernfähige Einheit den maximal zu erwartende Drehmomentbedarf vorherzusagen, noch ohne den Rotorfluss aktiv zu beeinflussen. Bei der Auswertung wird der vorhergesagte Drehmomentbedarf mit dem von der überlagerten Steuerung bzw. Regelung direkt oder indirekt vorgegebenen Drehmomentsollwert verglichen. Abweichungen werden erfindungsgemäß nicht-linear bewertet: im Vergleich zur Realität zu hohe Vorhersagen sind weniger kritisch und werden deshalb mehr toleriert, als auf den fehlerfreien Betrieb gefährliche, zu niedrige Prognosen.
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Weist diese Testphase auf eine gute Prognosefähigkeit hin, kann das Gelernte im Betrieb benutzt werden. Ist es nicht der Fall, schaltet sich die lernfähige Einheit (LE) ab und damit ist sie nicht mehr in der Lage den Energiebedarf der Anlage zu reduzieren. In einer anderen, günstigen Ausgestaltung der Erfindung, statt aufzugeben, versucht LE den bis dahin erfolglosen Lernprozess zu verbessern und mit dem verbesserten Lernprozess den zukünftigen Drehmomentbedarf zu lernen.
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5. Aufgabe: Selbstoptimierung des Lernprozesses
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Sind die Ergebnisse des Lernprozesses nicht befriedigend, kann die lernfähige Einheit (LE) versuchen, andere bekannte Lernmethode zu verwenden. Grund für das Versagen beim Test kann unter anderem ein zu hohes Bias (Underfitting) oder ein Querfitting der vorher benutzten Lernmethode sein.
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Sinnvollerweise beginnt die lernfähige Einheit (LE) zuerst mit ressourcenschonenden, relative einfachen und schnellen Lernmethoden (z. B. Perzeptron) und bei Bedarf probiert sie später aufwendigere Methoden (wie z. B. SVR bzw. SVC) aus. Falls die internen Ressourcen (Rechen- und Speicherkapazität) für die aufwendigere Lernmethode nicht ausreichen, kann auch die Nutzung von anlageninternen oder externen Cloud-Diensten in Frage kommen.
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6. Aufgabe: Überwachung des Betriebs
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Wird die Vorhersagefähigkeit der lernfähigen Einheit (LE) positiv beurteilt, können diese Vorhersagen für die Vorgabe des Motorflusses verwendet werden. Damit kann der Energiebedarf des Antriebs reduziert werden. Auch in dieser Phase werden jedoch die Vorhersagen erfindungsgemäß mit dem tatsächlichen Drehmomentbedarf verglichen. Damit kann der Antrieb die Änderungen in der Anlage oder in ihrem Betrieb erkennen und darauf reagieren. Stimmen zum Beispiel nach einem Formatwechsel die Vorhersagen nicht mehr, erkennt dies die lernfähige Einheit (LE) und sie beginnt die neuen Verhältnisse neu zu lernen, und zwar unvoreingenommen (un-biased).
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Diese Überwachung kann mit der Möglichkeit erweitert werden, die lernfähige Einheit (LE) von außen, zum Beispiel von der überlagerten Steuerung zurückzusetzen oder zu sperren. So ein Befehl für die Zurücksetzung kann über einen beliebigen Kommunikationskanal, wie einen Feldbus oder einen internetbasierten Bus, übertragen werden. So kann es sinnvoll sein, in einer Testphase der Anlage, nach einem Update des Steuerprogrammes oder vor einem geplanten Formatwechsel in der Produktion die lernfähige Einheit (LE) manuell oder automatisch zu sperren bzw. zurückzusetzen.
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In einer weiteren Ausführung wird der Lernprozess nach einem Formatwechsel nicht von Null an wiederholt. Stattdessen wird es weiterhin mit den bereits bei der Optimierung des Lernprozesses erfolgreich ausgewählten Signalen, Signalvorbereitungsmethoden und Lernmethoden gearbeitet. In so einem Fall muss man jedoch dafür sorgen, dass der Antrieb automatisch erkennt oder ihm anderweitig mitgeteilt wird, wenn er (zum Beispiel in einem Reparaturfall in der Anlage) in einer anderen Stelle der Anlage oder sogar in einer anderen Maschine bzw. Anlage eingesetzt wird und deshalb den gesamten Lernprozess von Anfang an wiederholen muss.
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Die lernfähige Einheit kann bevorzugt softwaretechnisch realisiert werden, wobei das erfindungsgemäße Verfahren in einem Mikroprozessor, in einem Mikrocontroller, in einem digitalen Signalprozessor (DSP), in einer programmierbaren Steuerung (SPS), in einem industriellen PC oder in einem bzw. mehreren ähnlichen, programmierbaren Bausteinen realisiert wird. Die Programmierung selber kann in maschinennaher Sprache wie Assembler oder in einer Hochsprache wie C, C++, C#, R, Python usw. durchgeführt werden. Die Software kann aber auch automatisch oder halbautomatisch (z. B. aus einem MATLAB/Simulink Modell oder aus einem cyber-physikalischen System) erzeugt werden.
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In einer weiteren Gestaltung der Erfindung wird das Verfahren oder Teile davon in speziell dafür gestalteter Hardware realisiert. Dieser Hardwarebaustein kann zum Beispiel ein applikationsspezifischer elektronischer Baustein (ASIC) sein, oder auch ein programmierbarer Baustein, wie ein FPGA.
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Die erfindungsgemäße lernfähige Einheit kann Teil des Umrichters bzw. den Motorreglers sein, kann aber auch ein eigenständiges Gerät darstellen. Genauso kann die lernfähige Einheit software- oder hardwaretechnisch als Teil einer anderen Einheit der Anlage oder sogar außer der eigentlichen Anlage (z. B. in einer Cloud) realisiert werden.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden die Realisierung des Lernprozesses und, falls es zutreffend ist, die Optimierung des Lernprozesses bzw. die Realisierung des optimierten Betriebs des Antriebes, also die Anwendung des gelernten Prognoseverfahren und die Vorgabe des Motorflusses, voneinander getrennt gestaltet. Grund dafür ist der unterschiedliche Ressourcenbedarf für die zwei Aufgaben. Bei vielen Lernmethoden ist der Lernprozess aufwendig, die Prognose selber ist aber ressourcenschonend („eager learning”). Deshalb kann die Prognose und die optimale Vorgabe des Motorflusses zum Beispiel auch durch den Motorregler ohne zusätzlichen Hardwarebedarf realisiert werden. Der Lernprozess kann dann mit der Hilfe von weiteren Ressourcen (externe Dienste von einer Cloud oder externe Rechner, zum Beispiel Geräte, die für die Inbetriebnahme benutzter werden, wie Laptop, PC oder Smartphone) durchgeführt werden.
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Die zur Prognose des Drehmomentbedarfs verwendeten Signalen und Größen (wie Sollwerte und Messwerte, Steuersignale von Aktoren und Ausgangsignale von Sensoren) können über analogen und/oder digitalen Verbindungen zur lernfähigen Einheit (LE) geführt werden. Vorteilhafterweise werden die Signale jedoch über einen Feldbus oder über einen internetbasierten Kommunikationskanal übertragen. Es kann außerdem sinnvoll sein, statt einer galvanischen Verbindung eine kabellose Verbindung zu nutzen, wie Infrarot-Datenübertragung, WLAN usw.
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Beschreibung der Zeichnungen:
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1 zeigt den Rotorfluss (Ψ 2), den flussbildenden (i1d) und den drehmomentbildenden (i1q) Anteil des Statorstromes sowie den Statorstrom (i 1) einer Asynchron-Drehstrommaschine in Raumzeigerdarstellung.
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2 zeigt eine beispielhafte Realisierung der Erfindung in einer vereinfachten Darstellung.
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3 zeigt den Ablauf des Betriebes der erfindungsgemäßen lernfähigen Einheit in einer vorteilhaften Ausgestaltung. Die lernfähige Einheit (LE) sammelt in einer ersten Betriebsphase Daten aus der Anlage, wählt die für den Lernprozess relevanten Daten aus, bereitet sie vor und führt mit ihr den Lernprozess durch. In der zweiten Betriebsphase testet LE, ob sie den zu erwartende Drehmomentbedarf in der Praxis gut vorhersagen kann. Wenn nicht, beginnt LE wieder mit Betriebsphase 1, eventuell mit einer anderen Lernmethode. Falls die Ergebnisse des Tests positiv sind, kann die dritte Betriebsphase beginnen, in der LE ihre Prognose zum zukünftigen Drehmomentbedarf nutzt, den Motorfluss energiesparend vorzugeben. Auch in dieser Phase bewertet LE die Güte ihrer Prognosen und bei einer Verschlechterung beginnt der Prozess wieder mit Phase 1.
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Die vorigen Beschreibungen basieren hauptsächlich auf Antrieben mit Asynchron-Drehstrommotoren. Die Erfindung beschränkt sich jedoch nicht für solche Antriebe; vielmehr ist sie verwendbar auch für andere elektrisch erregte Antriebsarten. Weiterhin ist die Erfindung nicht nur auf die dargestellten und beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt, sondern umfasst auch alle im Sinne der Erfindung gleichwirkenden Ausführungen.