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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs mit mindestens einer Sensoreinheit zum Erfassen der Umfeldbedingungen und zur Ausgabe von Umfelddaten, einer Auswerteeinheit zur Bewertung der Umfelddaten und einer Auswerteeinheit zur Erkennung von Freiräumen und Objekten, deren Position und Bewegung, sowie mit einem Fahrsicherheitskoordinator, der die Kollisionsgefahr des Kraftfahrzeugs mit einem Objekt anhand einer Gefahrenbewertung ermittelt.
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Aus der
EP 1 735 187 A1 ist ein Verfahren zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr bekannt. Bei dem vorbekannten System wird beim oder nach einem durch den Fahrer verursachten Lenkeinschlag eines Ausweichmanövers ein unterstützendes Fahrmanöver vorgegeben, wobei die Vorgabe vom Fahrer jederzeit übersteuert werden kann. Bei dem vorbekannten Verfahren wird anhand von Umfeldsignalen ermittelt, ob eine fahrdynamisch kritische Situation bzw. eine bevorstehende Kollision vorliegt. Das Verfahren wird bevorzugt in Notsituationen für Ausweichmanöver eingesetzt. Eine Bewertung der Umfeldsignale findet nicht statt.
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Die
DE 10 2007 039 038 A1 offenbart ein Verfahren zum Ansteuern von Sicherheitsmitteln in einem Kraftfahrzeug in einer Fahrsituation, in der es zu einer Kollision zwischen dem Kraftfahrzeug und einem Umfeldobjekt im Umfeld des Kraftfahrzeugs kommen kann.
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Ferner beschreibt
DE 10 2010 028 837 A1 ein Verfahren zur Anpassung eines Fahrerassistenzsystems an die aktuelle Fahrsituation, bei dem mindestens ein Parameter des Fahrerassistenzsystems in Abhängigkeit der Informationen aus einer Umfeldsensorik eingestellt wird.
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Zudem beschreibt
DE 10 2005 003 177 A1 eine Vorrichtung und zur Verhinderung von Abkommenunfällen eines Fahrzeugs, umfassend mindestens eine Sensorik zur Erfassung eines Fahrdynamikparameters, ein Mittel zur Erfassung einer eigenen Fahrspur und eine Recheneinheit, wobei durch die Recheneinheit aus dem Fahrdynamikparameter und der erfassten Fahrspur ein maximaler Lenkwinkel ermittelbar ist.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren eingangs genannter Art dahingehend zu verbessern, dass eine Bewertung der Signalgüte der Umfelddaten vorgenommen wird.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Es wird ein Verfahren zum sicheren Betrieb eines Kraftfahrzeugs vorgeschlagen, bei dem der Fahrsicherheitskoordinator auf Grundlage der Kritikalität der Fahrsituation und der Signalgüte der Umfelddaten eine Ausweichempfehlung an den Fahrzeugführer oder eine Ausweichunterstützung für den Fahrzeugführer ausgibt oder einen autonomen Eingriff zum Ausweichen durchführt, wobei der Fahrsicherheitskoordinator eine dominantere Maßnahme vornimmt, je höher die Kritikalität der Fahrsituation und je besser die Signalgüte der Umfelddaten ist.
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Der entscheidende Erfindungsgedanke ist es, dass der Fahrsicherheitskoordinator die ausübende Gewalt über das Kraftfahrzeug übernimmt, je höher die Kritikalität der Fahrsituation und je besser die Signalgüte der Umfelddaten ist, wobei der Fahrsicherheitskoordinator
- - eine Ausweichunterstützung für den Fahrzeugführer ausgibt, wenn die Signalgüte der Umfelddaten gering ist,
- - eine Ausweichempfehlung an den Fahrzeugführer ausgibt sowie das Ausweichen unterstützt, wenn die Signalgüte der Umfelddaten einen mittleren Wert aufweist und
- - einen autonomen Eingriff zum Ausweichen durchführt, wenn die Signalgüte der Umfelddaten ausreichend gut ist.
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Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Signalgüte der Umfelddaten mit Hilfe einer Datenfusion weiterer Daten verbessert wird.
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Dabei ist vorgesehen, dass eine weitere Sensoreinheit den Umweltzustand erfasst und Umweltzustandsdaten an eine Auswerteeinheit zur Datenfusion der Umfelddaten mit den Umweltzustandsdaten zur Bestimmung einer Reibwertindikation ausgibt. Eine weitere Sensoreinheit erfasst den Fahrzeugzustand und gibt Fahrzeugzustandsdaten an eine Auswerteeinheit zur Datenfusion der Fahrzeugzustandsdaten mit der Reibwertindikation und den Fahrervorgabedaten zur Bestimmung des Fahrzustandes aus. Außerdem werden die Fahrervorgaben durch eine weitere Sensoreinheit erfasst und Fahrervorgabedaten an eine Auswerteeinheit zur Datenfusion der Fahrervorgabedaten mit den Fahrzeugzustandsdaten zur Bestimmung des Fahrersollkurses ausgegeben.
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Eine vorteilhafte Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass der Fahrsicherheitskoordinator vor der Durchführung eines autonomen Eingriffs zum Ausweichen eine optische, akustische und/oder haptische Warnung an den Fahrzeugführer ausgibt.
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Ein weiterer entscheidender Gedanke ist es, dass der Fahrsicherheitskoordinator zur Gewährleistung der operationalen Sicherheit prädiktiv und situativ mindestens einen zulässigen Fahrkorridor und oder eine optimale Bewegungstrajektorie ermittelt und die Fahrervorgabe mittels aktiv ansteuerbarer Komponenten auf den Fahrkorridor begrenzt und das Kraftfahrzeug mittels der aktiv ansteuerbaren Komponenten im Fahrkorridor oder auf der Bewegungstrajektorie hält.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels im Zusammenhang mit der beiliegenden Zeichnung näher erläutert. In der Zeichnung zeigt:
- 1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs mit einer Umfeldsensorik zum Erfassen von Objekten im Umfeld des Fahrzeugs;
- 2 eine schematische Darstellung eines Fahrerassistenzsystems;
- 3 eine Block-Darstellung der erfindungsgemäßen Sicherheitsvorrichtung und
- 4 eine schematische Darstellung von Korridoren, die sich zum Ausweichen eignen.
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Im Sinne der vorliegenden Erfindung steht „Lenkrad“ stellvertretend für alle denkbaren Mensch-Maschine-Schnittstellen, die der Fahrzeugführer im Sinne eines Lenkens und Steuerns des Kraftfahrzeugs bedienen kann, wie beispielsweise Schaltereingaben, ein Joystick oder ein Touchpad sowie auch von extern übermittelten Stell-Kommandos.
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Die Bezeichnungen Signalgüte und Datenqualität werden weitgehend synonym verwendet.
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Im Folgenden wird zunächst allgemein anhand von 1 und 2 eine Sicherheitsvorrichtung für Kraftfahrzeuge erläutert und anhand der 3 und 4 ein Ausführungsbeispiel der Erfindung näher erläutert.
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In 1 ist beispielhaft ein vierrädriges, zweiachsiges Fahrzeug 1 dargestellt, das über eine Umfeldsensorik 2 verfügt, mit dem Objekte O im Umfeld des Fahrzeugs erfasst werden können, bei denen es sich insbesondere um weitere Kraftfahrzeuge handelt, die sich in derselben oder einer benachbarten Fahrspur seitlich und/oder vor dem Fahrzeug 1 bewegen. Als Objekte O kommen aber auch statische oder nahezu statische Objekte wie beispielsweise Bäume, Fußgänger oder Fahrbahnbegrenzungen in Frage. Beispielhaft wird eine Umfeldsensorik 2 mit einem Erfassungsbereich 3 gezeigt, der einen Raumwinkel vor, neben oder hinter dem Fahrzeug 1 umfasst, in dem beispielhaft ein Objekt O dargestellt ist. Bei der Umfeldsensorik 2 handelt sich beispielsweise um einen LIDAR-Sensor (Light Detection and Ranging) der dem Fachmann an sich bekannt ist. Ebenfalls sind jedoch auch andere Umfeldsensoren wie Radarsensoren oder optische Kamerasysteme einsetzbar. Darüber hinaus kann die Information um das Umfeld mittels der sogenannten Car-to-X-Kommunikation ermittelt werden. Darunter versteht man die Übertragung von Umfeldinformationen von anderen Fahrzeugen oder von anderen Erfassungspunkten an das Fahrzeug 1. Die Umfeldsensorik 2 misst die Abstände d zu den erfassten Punkten eines Objekts sowie die Winkel φ zwischen den Verbindungsgeraden zu diesen Punkten und der Mittellängsachse des Fahrzeugs, wie dies in 1 beispielhaft für einen Punkt P des Objekts O veranschaulicht ist. Die dem Fahrzeug 1 zugewandten Fronten der erfassten Objekte setzen sich aus mehreren erfassten Punkten zusammen, zu der die Sensorsignale übermittelt werden, die Korrelationen zwischen Punkten und der Form eines Objekts herstellt und einen Bezugspunkt für das Objekt O bestimmt. Als Bezugspunkt kann dabei beispielsweise der Mittelpunkt des Objekts O bzw. der Mittelpunkt der erfassten Punkte des Objekts gewählt werden. Die Geschwindigkeiten der detektierten Punkte und damit die Geschwindigkeit der erfassten Objekte können im Gegensatz zu einem Radar-Sensor (DopplerEffekt) mittels des LIDAR-Umfeldsensors 2 nicht direkt gemessen werden. Sie werden aus der Differenz zwischen den in aufeinander folgenden Zeitschritten gemessenen Abständen in einer taktweise arbeitenden Objekterkennungseinheit 21 berechnet. In ähnlicher Weise kann grundsätzlich auch die Beschleunigung der Objekte durch zweimaliges Ableiten ihrer Positionen bestimmt werden.
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2 zeigt eine schematische Darstellung eines Fahrerassistenzsystems, dessen Bestandteile mit Ausnahme von Sensoren, Aktuatoren und sonstiger Hardware vorzugsweise als Softwaremodule ausgeführt sind, die innerhalb des Fahrzeugs 1 mittels eines Mikroprozessors ausgeführt werden. Wie in 2 gezeigt, werden die Objektdaten in Form von elektronischen Signalen innerhalb des schematisch dargestellten Fahrerassistenzsystems an eine Entscheidungseinrichtung 22 übermittelt. In der Entscheidungseinrichtung 22 wird in Block 23 anhand der Informationen über das Objekt O eine Objekttrajektorie bestimmt. Ferner wird eine Bewegungstrajektorie des Fahrzeugs 1 in Block 24 anhand von Informationen über den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs 1 ermittelt, die mit Hilfe von weiteren Fahrzeugsensoren 25 bestimmt werden. Insbesondere werden dabei die beispielsweise mit Hilfe von Raddrehzahlsensoren ermittelbare Fahrzeuggeschwindigkeit, der mittels eines Lenkwinkelsensors gemessene Lenkwinkel δ an den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs 1, die Gierrate und/oder die Querbeschleunigung des Fahrzeugs 1, die mittels entsprechender Sensoren gemessen werden, herangezogen. Darüber hinaus ist es möglich, aus den mit den Fahrzeugsensoren 25 gemessenen fahrdynamischen Zuständen des Fahrzeugs modellbasierte Größen zu berechnen bzw. zu schätzen. Ein Hinweis auf den Reibwert zwischen den Reifen des Fahrzeugs 1 und der Fahrbahn wird dabei ebenfalls aus den Fahrzeugsensoren oder aus dem Fahrbahnzustand gewonnen. Diese Reibwertindikation wird insbesondere durch das Bremsenregelsystem ermittelt. Dann wird in der Entscheidungseinrichtung 22 innerhalb des Blocks 26 überprüft, ob sich das Kraftfahrzeug 1 auf einem Kollisionskurs mit einem der erfassten Objekte O befindet. Falls ein derartiger Kollisionskurs festgestellt wird und die ebenfalls in der Entscheidungseinrichtung 22 ermittelte Kollisionszeit, d.h. die Zeitdauer bis zu der ermittelten Kollision mit dem Objekt O, einen bestimmten Wert unterschreitet, wird ein Auslösesignal an eine Bahnvorgabeeinrichtung 27 übermittelt. Das Auslösesignal führt dazu, dass zunächst innerhalb der Bahnvorgabeeinrichtung eine Ausweichbahn, d.h. eine Bewegungstrajektorie, berechnet wird. Dann wird aufgrund der ermittelten Ausweichbahn bzw. Bewegungstrajektorie ein Startpunkt für das Ausweichmanöver bestimmt, an dem das Ausweichmanöver gestartet werden muss, um dem Objekt O gerade noch ausweichen zu können. Diese Schritte werden vorzugsweise in Zeitschritten wiederholt, bis keine Kollisionsgefahr aufgrund von Kursänderungen des Objekts O oder des Fahrzeugs 1 mehr besteht oder bis das Fahrzeug 1 den Startpunkt für ein Ausweichmanöver erreicht. Ist dies der Fall, werden die Ausweichbahn oder diese Bahn repräsentierende Parameter an eine Lenkungs-/Bremsenaktuatorsteuerung 28 übermittelt.
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Mit Hilfe der Umfelddaten der Umfeldsensorik 2 wird erkannt, ob ein Eingriff notwendig und sinnvoll ist. Zusätzlich wird erkannt, wie sicher die Umfeldsensorik 2 die Situation einschätzen kann und damit welche Signalgüte die Umfelddaten aufweisen. Der Grundgedanke der vorliegenden Erfindung ist es, dass in Abhängigkeit der Kritikalität der Fahrsituation und der Signalgüte der Umfelddaten eine Ausweichempfehlung an den Fahrzeugführer oder eine Ausweichunterstützung für den Fahrzeugführer ausgibt oder einen autonomen Eingriff zum Ausweichen durchführt, wobei eine dominantere Maßnahme vorgenommen wird, je höher die Kritikalität der Fahrsituation und je besser die Signalgüte der Umfelddaten ist. Kann ohne Gefahr ausgewichen werden, da die Umfeldsensorik 2 die Situation sicher und genau genug erkannt hat, so erfolgt ein autonomer Ausweichvorgang. Ist die Unsicherheit und damit die Gefahr bei einem Ausweichvorgang zu hoch, erfolgt eine Unterstützung eines durch den Fahrer initiierten Ausweichmanövers.
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In 3 ist der schematische Aufbau der erfindungsgemäßen Sicherheitsvorrichtung dargestellt. Der Gedanke ist dabei die Vernetzung der verschiedenen Sensoreinheiten 2, 20, 30, 40. Mit den zur Verfügung stehenden Daten aus den Sensoreinheiten 2, 20, 30, 40 wird eine Datenfusion durchgeführt. Als Datenfusion bezeichnet man die Zusammenführung und Vervollständigung lückenhafter Datensätze zur Datenbereinigung. Dabei müssen mehrere zum Teil unvollständige Datensätze miteinander kombiniert werden, um die Signalgüte der Umfelddaten zu erhöhen und um ein vollständiges Bild des Umfelds zu erhalten. Bevor die Datenfusion der Datensätze zweier Sensoreinheiten 2, 20, 30, 40 möglich ist, müssen sie auf ein gemeinsames Datenschema gebracht werden. Dieser Vorgang wird auch Datenschema-Integration genannt. Durch diese Datenfusion ist es möglich, Informationen zum Umfeld des Kraftfahrzeugs 1 zu gewinnen, die eine bessere Signalgüte und Qualität aufweisen. Eine bessere Signalgüte bzw. Datenqualität steht dabei für eine exaktere und schnellere Berechnung der Kollisionsgefahr. Wie nachfolgend noch näher erläutert wird, findet eine Datenfusion ebenfalls statt, um verbesserte Informationen zum Umweltzustand, zum Fahrzeugzustand und für die Fahrervorgabedaten zu erhalten.
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Zum Erfassen der Umfeldbedingungen dient mindestens eine Sensoreinheit 2. Diese sogenannte Umfeldsensorik 2 wird wie bereits erwähnt aus einem Radar-, Lidar- oder einem Videokamera-System gebildet oder aus einer Kombination der genannten Systeme. Die mit Hilfe mindestens einer dieser Sensoreinheit 2 erhaltenen Informationen werden mit Karteninformationen, GPS-Daten und Informationen, die mit Hilfe einer Car-to-X-Kommunikation erhalten werden, innerhalb einer Auswerteeinheit 4 zur Datenfusion der Umfelddaten im Sinne einer Datenfusion miteinander kombiniert. Nach der Datenfusion erfolgt eine Auswertung der verbesserten Umfelddaten zur Erkennung von Objekten O. Die Position und Bewegung des Objekts O wird an einen Fahrsicherheitskoordinator 6 übermittelt. Dieser Fahrsicherheitskoordinator 6 ermittelt aufgrund fahrphysikalischer Grenzwerte unter Einbeziehung der Umfelddaten zulässige Fahrkorridore K1, K2, K3, Kn und gewährleistet damit die operationale Sicherheit des Fahrzeugs 1 prädiktiv und situativ, indem die Fahrkorridore K1, K2, K3, Kn so gestaltet werden, dass ein kombiniertes Brems-/Ausweichmanöver oder ein Bremsmanöver durchgeführt wird. Die Fahrkorridore K1, K2, K3, Kn werden nachfolgend anhand von 4 näher erläutert.
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Wie 3 weiter entnehmbar ist, dient mindestens eine weitere Sensoreinheit 20 der Erfassung des Umweltzustandes. Diese mindestens eine Sensoreinheit 20 zur Erfassung des Umweltzustandes wird durch einen Regensensor, ein Thermoelement und/oder durch ein Kamerasystem gebildet. Unter Berücksichtigung der Reifenkennlinie der verwendeten Fahrzeugreifen wird aus den ermittelten Umweltzustandsdaten eine Datenfusion in der Auswerteeinheit 24 durchgeführt und im Schritt 25 wird aus den bereinigten Umweltzustandsdaten eine Reibwertindikation zwischen Reifen und Fahrbahn ermittelt. Diese Ermittlung der Reibwertindikation erfolgt beispielsweise auf Grund der Kenntnis des Fahrbahnzustands. Diese ermittelte Reibwertindikation wird ebenfalls an den Fahrsicherheitskoordinator 6 weitergeleitet.
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Eine weitere mindestens eine Sensoreinheit 30 dient zum Erfassen eines Fahrzeugzustandes. Diese mindestens eine Sensoreinheit 30 zur Fahrzeugzustandserfassung ist aus einem Raddrehzahlsensor, einem Querbeschleunigungssensor, einem Längsbeschleunigungssensor oder einem Gierratensensor gebildet. Eine Kombination der genannten Sensoren ist ebenfalls möglich. Die Sensoreinheit 30 zur Fahrzeugzustandserfassung wird auch Fahrzeugzustandsbeobachter genannt. In einer diesem Fahrzeugzustandsbeobachter zugeordneten Auswerteeinheit 34 werden die Fahrzeugzustandsdaten mit der ermittelten Reibwertindikation im Sinne einer Datenfusion kombiniert. Durch diese Maßnahme wird im Schritt 35 der Fahrzeugzustand berechnet und an den Fahrsicherheitskoordinator 6 ausgegeben.
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Wie 3 weiter offenbart, ist mindestens eine weitere Sensoreinheit 40 zum Erfassen der Fahrervorgaben und zur Ausgabe von Fahrervorgabedaten vorgesehen. Diese mindestens eine Sensoreinheit 40 zum Erfassen der Fahrervorgaben wird durch einen Lenkwinkelsensor, einen Pedalwinkelsensor für das Bremspedal und/oder das Fahrpedal und/oder durch einen Geber der Richtungsanzeige gebildet. Der Geber der Richtungsanzeige wird umgangssprachlich auch als Blinker bezeichnet. Die Information beinhaltet, ob der Fahrer nach links oder rechts abbiegen will. Der zugeordneten Auswerteeinheit 44 werden die eben ermittelten Fahrzeugzustandsdaten zugeführt und aus diesen gemeinsam mit den Fahrervorgabedaten eine Datenfusion durchgeführt. Da die Datenfusion durch Zusammenführung und Vervollständigung lückenhafter Datensätze eine Datenbereinigung bewirkt, wird im Schritt 45 ein präziser Fahrersollkurs berechnet und an den Fahrsicherheitskoordinator 6 ausgegeben. Dem Fahrsicherheitskoordinator 6 werden die Position und Bewegung des Objekts O sowie die ermittelte Reibwertindikation übermittelt. Zudem erhält der Fahrsicherheitskoordinator 6 den Fahrzeugzustand und den Fahrersollkurs. Aus diesen Daten wird ein zulässiger Fahrkorridor K1, K2, K3, K4 bis Kn ermittelt. Zu Verdeutlichung der zulässigen Fahrkorridore K1, K2, K3 zeigt 4 das eigene Fahrzeug 1 und das in Fahrtrichtung befindliche Objekt O. Die in diesem Beispiel gezeigten Fahrkorridore K1, K3 sind situativ und prädiktiv ermittelt und befinden sich innerhalb der prädizierten Freifahrfläche links und rechts am Objekt O vorbei. Der Korridor K2 bezeichnet eine Fläche vor dem Objekt O ohne Ausweichbahn, wenn eine Notbremsung ausreicht, um eine Kollision mit dem Objekt O zu vermeiden. Das heißt, der Fahrsicherheitskoordinator 6 leitet eine Notbremsung ein, wenn die zulässigen Fahrkorridore K1 und K3, Kn bei hoher Kollisionsgefahr keine Ausweichmöglichkeit vorsehen. In diesem Fall wird der Fahrkorridor K2 als Bremsweg vorgesehen.
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Um das Fahrzeug 1 nun in den zulässigen Fahrkorridoren K1, K2, K3 bis Kn zu halten, wird anhand von 3 näher erläutert, wie der Fahrsicherheitskoordinator 6 arbeitet. Wie bereits erwähnt werden dem Fahrsicherheitskoordinator 6 Position und Bewegung des Objekts bzw. der Objekte O und die ermittelte Reibwertindikation übermittelt. Außerdem erhält der Fahrsicherheitskoordinator 6 den Fahrzeugzustand und den Fahrersollkurs. Aus diesen Daten wird ein zulässiger Fahrkorridor K1, K2, K3 bis Kn ermittelt und eine Sollkursberechnung des eigenen Fahrzeugs 1 vorgenommen. Um das Fahrzeug 1 in dem zulässigen Korridor K1, K2, K3 bis Kn zu halten, werden aktive Komponenten 9 derart angesteuert, dass die Fahrervorgabe auf den verfügbaren Korridor K1, K2, K3 bis Kn begrenzt wird. Diese aktiv ansteuerbaren Komponenten 9 befinden sich im Chassis, Antrieb oder in einer Mensch-Maschinen-Schnittstelle, wie Bremspedal, Antriebsmotor, Lenkung, Getriebe, Dämpfer, Stabilisator oder Richtungsanzeiger. Konkret steuert der Fahrsicherheitskoordinator 6 die aktiv ansteuerbaren Komponenten 9 derart an, dass eine Gegenkraft am Fahrpedal erzeugt wird oder ein Eingriff in den Antriebsmotor, ein Eingriff in den Antriebsstrang oder ein Bremseingriff durchgeführt wird, um das Fahrzeug im Fahrkorridor K1, K2, K3 bis Kn zu halten. Alternativ oder zusätzlich werden die aktiv ansteuerbaren Komponenten 9 derart angesteuert, dass ein zusätzliches Lenkmoment und/oder ein Zusatzlenkwinkel oder ein radindividueller Bremseingriff zur Erzeugung eines Giermoments erzeugt wird. Diese Ansteuerung ist ebenfalls geeignet, um das Fahrzeug im Fahrkorridor K1, K2, K3 bis Kn zu halten. In einer besonderen Ausführungsform ist jede Maßnahme vom Fahrer überstimmbar, sodass der Fahrer die Gewalt über sein Fahrzeug 1 behält.
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Wie 3 weiter entnehmbar ist, bewertet der Fahrsicherheitskoordinator 6 die ermittelten Daten hinsichtlich der Kritikalität der Fahrsituation und gibt ggf. eine Warnung an den Fahrer und/oder das Umfeld aus. Diese Umfeldwarnung 8 kann optisch, akustisch oder mit Hilfe einer Car-to-X-Kommunikation erfolgen. Mittels der Car-to-X-Kommunikation kann die Umfeldwarnung 8 sowohl an die Infrastruktur als auch an andere Fahrzeuge ausgegeben werden. Die Warnung an den Fahrer erfolgt über eine Mensch-Maschinen-Schnittstelle 7, auch Human-Machine-Interface, kurz HMI, genannt. Die Warnung an den Fahrer kann haptisch, akustisch oder optisch erfolgen. Dazu sind alle ansteuerbaren Komponenten der Mensch-Maschinen-Schnittstelle 7 geeignet, wie eine Gegenkraft am Fahrpedal oder ein Vibrieren des Lenkrads. Warnlampen und akustische Warntöne sind ebenfalls geeignet eine Warnung an den Fahrzeugführer auszugeben.
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Dem Fahrsicherheitskoordinator 6 werden somit die Position und Bewegung des Objekts O sowie die ermittelte Reibwertindikation übermittelt. Zudem erhält der Fahrsicherheitskoordinator 6 den Fahrzeugzustand und den Fahrersollkurs. Aus diesen Daten wird ein zulässiger Fahrkorridor oder eine optimale Bewegungstrajektorie ermittelt. Die Ermittlung des Fahrkorridors oder der Bewegungstrajektorie erfolgt situativ und prädiktiv. Der Fahrkorridor bzw. die Bewegungstrajektorie befinden sich innerhalb der prädizierten Freifahrfläche links und rechts am Objekt O vorbei. Um das Fahrzeug 1 in dem zulässigen Korridor oder auf der optimalen Bewegungstrajektorie zu halten, werden aktive Komponenten 9 derart angesteuert, dass die Fahrervorgabe auf den verfügbaren Fahrkorridore K1, K2, K3, Kn bzw. die optimale Bewegungstrajektorie begrenzt wird. Diese aktiv ansteuerbaren Komponenten 9 befinden sich im Chassis, Antrieb oder in einer Mensch-Maschinen-Schnittstelle, wie Bremspedal, Antriebsmotor, Lenkung, Getriebe, Dämpfer, Stabilisator oder Richtungsanzeiger. Konkret steuert der Fahrsicherheitskoordinator 6 die aktiv ansteuerbaren Komponenten 9 derart an, dass eine Gegenkraft am Fahrpedal erzeugt wird oder ein Eingriff in den Antriebsmotor, ein Eingriff in den Antriebsstrang oder ein Bremseingriff durchgeführt wird, um das Fahrzeug im Fahrkorridor bzw. auf der Bewegungstrajektorie zu halten. Alternativ oder zusätzlich werden die aktiv ansteuerbaren Komponenten 9 derart angesteuert, dass ein zusätzliches Lenkmoment und/oder ein Zusatzlenkwinkel oder ein radindividueller Bremseingriff zur Erzeugung eines Giermoments erzeugt wird. Diese Ansteuerung ist ebenfalls geeignet, um das Fahrzeug im Fahrkorridore K1, K2, K3, Kn bzw. auf der Bewegungstrajektorie zu halten. Bei einer Ausweichempfehlung und einer Ausweichunterstützung ist jede Maßnahme vom Fahrer überstimmbar, sodass der Fahrer die Gewalt über sein Fahrzeug 1 behält.
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Wie bereits erwähnt besteht der wesentliche Erfindungsgedanke darin, dass je nach Kritikalität der Fahrsituation und Signalgüte der Umfelddaten lediglich eine Ausweichempfehlung an den Fahrzeugführer oder eine Ausweichunterstützung für den Fahrzeugführer ausgegeben wird oder ein autonomer Eingriff zum Ausweichen durchgeführt wird. Dabei wird eine dominantere Maßnahme vorgenommen, je höher die Kritikalität der Fahrsituation und je besser die Signalgüte der Umfelddaten ist. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der Steifigkeit der Ausweichfunktion. Dabei bezeichnet die Steifigkeit der Ausweichfunktion die Herrschaft oder die Dominanz über das Kraftfahrzeug. Der Grundgedanke beruht auf der Erkenntnis, dass je höher die Kritikalität der Fahrsituation und je besser die Signalgüte der Umfelddaten ist, desto höher ist die Steifigkeit der Ausweichfunktion. Der Fahrsicherheitskoordinator 6 übernimmt die ausübende Gewalt über das Kraftfahrzeug, je höher die Kritikalität der Fahrsituation und je besser die Signalgüte bzw. Datenqualität der Umfelddaten ist, wobei der Fahrsicherheitskoordinator 6 eine Ausweichunterstützung für den Fahrzeugführer ausgibt, wenn die Signalgüte der Umfelddaten gering ist. Der Fahrsicherheitskoordinator 6 gibt eine Ausweichempfehlung an den Fahrzeugführer aus und unterstützt das Ausweichen, wenn die Signalgüte der Umfelddaten einen mittleren Wert aufweist. Wenn die Signalgüte der Umfelddaten ausreichend gut ist, führt der Fahrsicherheitskoordinator 6 einen autonomen Eingriff zum Ausweichen durch.
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Beginnt der Fahrer einen Ausweichvorgang, bevor die Ausweichfunktion reagiert, wird der Fahrzeugführer in jedem Fall unterstützt, wenn der letztmögliche Bremspunkt, um das Fahrzeug sicher vor dem Objekt O zum Stehen zu bringen (der sogenannte „Last Point to Brake“), schon vorbei ist. Vor dem letztmöglichen Bremspunkt (Last Point to Brake) wird nur dann unterstützt, wenn ohne Unterstützung eine fahrdynamisch instabile Situation entstehen würde.
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Der Erfindungsgedanke, eine dominantere Maßnahme aus Ausweichempfehlung, Ausweichunterstützung und autonomen Eingriff in Abhängigkeit von der Kritikalität der Fahrsituation und der Signalgüte der Umfelddaten auszuwählen wird nachfolgend anhand von vier Beispielen noch einmal näher erläutert:
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Beispiel 1:
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Über die Umfeldsensorik 2 wird erkannt, dass ein Ausweichvorgang notwendig ist. Das System ermittelt jedoch, dass der Ausweichvorgang komplett innerhalb des eigenen Fahrstreifens stattfinden kann. Daher wird ein automatisches Ausweichmanöver gestartet, auch ohne dass der Fahrer dieses initiiert hat.
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Beispiel 2:
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Über die Umfeldsensorik 2 wird erkannt, dass ein Ausweichvorgang notwendig ist. Zusätzlich wird erkannt, dass es Ausweichflächen gibt, die frei sind wie beispielsweise Sperrflächen der Fahrbahn, die eigentlich nicht befahren werden sollen. Für den Ausweichvorgang reichen diese Ausweichflächen aus, weshalb ein automatisches Ausweichmanöver gestartet wird, auch ohne dass der Fahrer dieses initiiert.
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Beispiel 3:
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Über die Umfeldsensorik 2 wird erkannt, dass ein Ausweichvorgang notwendig ist. Allerdings muss hierfür auf den benachbarten Fahrstreifen ausgewichen werden. Über zusätzliche Umfeldsensorik 2 wird erkannt, dass dieser Streifen frei ist und sich von hinten auch kein Fahrzeug nähert. Da es sich um eine Autobahn handelt und damit nicht mit Gegenverkehr zu rechnen ist, wird ein automatisches Ausweichmanöver gestartet, auch ohne dass der Fahrer dieses initiiert hat.
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Beispiel 4:
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Über die Umfeldsensorik 2 wird erkannt, dass ein Ausweichvorgang notwendig ist. Allerdings muss hierfür auf den benachbarten Fahrstreifen ausgewichen werden. Es handelt sich um eine Autobahn, was beispielsweise durch elektronisches Kartenmaterial erkannt wird, weshalb nicht mit Gegenverkehr zu rechnen ist. Da jedoch keine Umfeldsensorik 2 vorhanden ist, die erkennen kann, ob sich von hinten ein Fahrzeug nähert, wird nicht autonom ausgewichen, sondern nur gewarnt. Initiiert der Fahrer das Ausweichmanöver, so unterstützt ihn die Funktion.