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Die Erfindung betrifft einen Fahrzeugsitz mit einer längenverstellbaren Sitzfläche, sowie ein Fahrzeug mit einem solchen Fahrzeugsitz.
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Zur besseren Anpassung eines Fahrzeugsitzes an die individuelle Größe eines Insassen im Fahrzeug, insbesondere eines Fahrers des Fahrzeugs, sind verschiedenste Einstellmöglichkeiten von Fahrzeugsitzen im Stand der Technik bekannt. Während in älteren Modellen meistens nicht üblich, kommt in neueren Fahrzeugtypen auch eine Längsverstellung einer Sitzfläche eines Fahrzeugsitzes zum Einsatz. Es kann beispielsweise durch ein verschiebliches Sitzkissen erreicht werden.
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Die
DE 10 2013 210 020 A1 betrifft in diesem Zusammenhang eine Fahrzeugsitzanordnung, umfassend: Eine Sitzschale; eine Führungsschienenanordnung mit einer Schiene und einer Gleitschiene, die mit der Sitzschale verbunden ist; eine Kissenanordnung mit einem Basiskissen mit einem Schlitz und ein bewegliches Kissen, das zwischen vorderen und rückwärtigen Positionen auf der Sitzschale beweglich ist; ein Überzugsmaterial mit einem ersten Abschnitt, der über dem beweglichen Kissen angeordnet ist, und einem zweiten Abschnitt, der zwischen der Sitzschale und der Kissenanordnung angeordnet ist, worin der zweite Abschnitt durch den Schlitz zurückgezogen wird, wenn sich das bewegliche Kissen in die vordere Position bewegt; und einen von dem Bereich zwischen dem Basiskissen und dem beweglichen Kissen in der vorderen Position definierten Spalt, worin der Spalt von dem Überzugsmaterial abgedeckt wird.
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Die
DE 36 31 872 C1 betrifft außerdem einen Fahrzeugsitz mit einer Rückenlehne und mit einem Sitzkissen, das in eine Mehrzahl von einzelnen, in Sitzquerrichtung getrennten Polsterelementen unterteilt ist, die miteinander verbunden sind und in in Sitzlängsrichtung sich erstreckenden Führungen zur Sitztiefenverstellung gegeneinander verschiebbar angeordnet sind, wobei die Verbindung der Polsterelemente untereinander über einen an den Polsterelementen angreifenden Koppelmechanismus vorgenommen ist, der derart ausgebildet ist, dass die bei Sitztiefenverstellung sich jeweils einstellenden Spalte zwischen den Polsterelementen in jeder Sitzeinstellposition eine annähernd gleiche Breite aufweisen und die Polsterelemente in ihrer jeweiligen Einstellposition fixiert sind.
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Während auch Ansätze bekannt sind, bei denen mit Luftdruckänderungen Sitzkissen konfiguriert werden können, benötigen diese naturgemäß eine Pumpe zur Aufbringung des benötigten Luftdrucks, welche wiederum Energie insbesondere in Form elektrischer Energie benötigt und typischerweise zu einer entsprechenden Geräusch-Emission führt. Zudem ist mit solchen Ansätzen gewisser Bauraum zur Unterbringung der Pumpe notwendig, sowie eines luftdichten Luftsacks im Inneren des Sitzkissens.
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Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, eine Alternative zur pneumatischen Sitzkissen-Verstellung bereitzustellen.
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Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft einen Fahrzeugsitz mit einer längenverstellbaren Sitzfläche, aufweisend einen Aktor aus Formgedächtnislegierung, und eine Steuereinheit, wobei die Steuereinheit dazu ausgeführt ist, abhängig von einer Eingabe zur gewünschten Länge der Sitzfläche eine elektrische Stromstärke von elektrischem Strom zum Durchfluss durch den Aktor zu bestimmen, wobei der Aktor dazu ausgeführt ist, durch elektrischen Widerstand des elektrischen Stroms durch den Aktor Wärme zu erzeugen, wobei die Formgedächtnislegierung eine von der auftretenden Temperatur am Aktor abhängige Form einnimmt und durch mechanische Verkopplung die Sitzfläche abhängig von seiner Form verlängert oder verkürzt.
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Im Feld der Metallurgie ist eine Formgedächtnislegierung (FGL) als Legierung bekannt, die im kalten Zustand zunächst bleibend verformt werden kann, jedoch während ihres Erhitzens wieder in ihre ursprüngliche Form von selbst zurückkehrt. Die ursprüngliche Geometrie kann modifiziert werden, indem die gewünschte Geometrie fixiert und einer thermischen Behandlung unterzogen wird.
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Analog hierzu wird eine bidirektional reversible Formgedächtnislegierung verwendet, um temperaturabhängig die Form der Sitzfläche zu verändern. Die Temperaturabhängigkeit besteht in der Formgedächtnislegierung, wobei die Temperatur in der Formgedächtnislegierung wiederum über einen elektrischen Strom eingestellt wird.
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Der elektrische Strom erfährt beim Fluss durch die Formgedächtnislegierung einen elektrischen Widerstand, welcher wiederum zu einem Wärmeeintrag in die Formgedächtnislegierung führt. Durch zeitliche Integration (jedoch gedämpft) des Wärmeeintrags ergibt sich die jeweils aktuelle Temperatur in der Formgedächtnislegierung. Diese wiederum richtet ihre Form abhängig von ihrer Temperatur, einschließlich ihrer Länge, aus.
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Indem daher der elektrische Strom in der Formgedächtnislegierung gezielt gesteuert wird, kann eine Temperatur in der Formgedächtnislegierung beeinflusst werden. Wird mangels anliegender elektrischer Spannung kein elektrischer Strom durch die Formgedächtnislegierung geführt, kühlt sie sich von selbst ab, und die Temperatur in der Formgedächtnislegierung sinkt.
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Die Geometrie der Anordnung der Bauelemente mit der Formgedächtnislegierung ist entsprechend so zu wählen, dass eine wirksame Längenänderung bzw. Verkürzung möglich ist. Im Allgemeinen kann durch den einstellbaren elektrischen Stromfluss eine stufenlose Längenänderung der Sitzfläche des Fahrzeugsitzes erreicht werden.
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Besonders bevorzugt werden hierbei Formgedächtnis-Elemente so geometrisch und mechanisch verkoppelt angeordnet, dass eine Hebelwirkung zu ausreichend großen Wegen in der Längenänderung der Sitzfläche führt. Auch können Formgedächtnis-Elemente in Reihe geschaltet werden, sodass sich die Längenänderung bzw. Formänderung jedes der Formgedächtnis-Elemente in Zusammenschau addiert, um eine ausreichende Längenänderung an der Sitzfläche des Fahrzeugsitzes zu erreichen.
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Es ist eine vorteilhafte Wirkung der Erfindung, dass eine Komforterweiterung für Sitze geschaffen wird, die durch Ersetzung der aktuellen technischen Umsetzung wie eine Sitzkissenverlängerung mittels Pneumatik erhalten wird. Vorteilhaft entfällt der Bedarf für eine pneumatische Pumpe und die zugehörigen Teile für eine pneumatische Sitzkissen-Verstellung; dies wiederum führt zu geringerem elektrischem Strombedarf, und es werden weniger Einzelteile und spezielle Aufbauten im Sitzkissen benötigt; für die pneumatischen Elemente benötigter Bauraum innerhalb des Sitzkissens kann entfallen. Zudem kann vorteilhaft die Verstellung des Sitzkissens geräuschlos erfolgen.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform weist der Fahrzeugsitz weiterhin eine Eingabeeinheit auf, um eine Eingabe zur gewünschten Länge der Sitzfläche vorzugeben.
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Die Eingabeeinheit kann ein mechanischer Schieberegler sein, Drehsteller, oder auch über ein Software-Eingabeelement beispielsweise an einer GUI implementiert sein.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform lässt die Eingabeeinheit eine stufenlose Verstellung zu.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform weist der Aktor eine Vielzahl von, im Bezug auf ihre durch Temperaturänderung verursachte Bewegung, in Reihe geschalteten Formgedächtnis-Elementen auf.
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Die Reihenschaltung der Formgedächtnis-Elemente erlaubt vorteilhaft eine Addition der einzelnen Wege bei Temperaturänderung der Formgedächtnis-Elemente.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform verlaufen die Formgedächtnis-Elemente an einer linken und an einer rechten Seite entlang einer Vorderseite eines Sitzkissens des Fahrzeugsitzes.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform sind zwischen den Formgedächtnis-Elemente Folien oder Stoffelemente aufgespannt, um das Volumen des Sitzkissens zu einer Vorderseite hin zu begrenzen.
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Die Folien oder die Stoffelemente können sich mit den Formgedächtnis-Elementen mitbewegen, um das Volumen des Sitzkissens entsprechend zu vergrößern bzw. zu verkleinern.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wirkt der Aktor aus Formgedächtnislegierung mit einer Weg-verlängernden Hebelwirkung auf eine Vorderkante des Sitzkissens des Fahrzeugsitzes.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform bilden die Formgedächtnis-Elemente eine linke und rechte Streckschere aus.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Fahrzeug mit einem Fahrzeugsitz wie oben und im Folgenden beschrieben.
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Vorteile und bevorzugte Weiterbildungen des vorgeschlagenen Fahrzeugs ergeben sich durch eine analoge und sinngemäße Übertragung der im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Fahrzeugsitz vorstehend gemachten Ausführungen.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der - gegebenenfalls unter Bezug auf die Zeichnung - zumindest ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Es zeigen:
- 1: Einen Fahrzeugsitz mit einer längenverstellbaren Sitzfläche gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
- 2: Einen vergrößerten Ausschnitt des Fahrzeugsitzes der 1.
- 3: Eine Aktor-Anordnung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
- 4: Die Aktor-Anordnung der 3 aus einer Draufsicht im Sitzkissen.
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Die Darstellungen in den Figuren sind schematisch und nicht maßstäblich.
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1 zeigt einen Fahrzeugsitz mit einer längenverstellbaren Sitzfläche 1. Die Sitzfläche 1 kann mithilfe eines angesteuerten Aktors 3 entlang eines Oberschenkels verlängert oder wahlweise verkürzt werden. Bei Verlängerung der Sitzfläche 1 wird sie somit in Richtung der Kniehöhle ausgefahren, bei Verkürzung der Sitzfläche 1 wird diese von der Kniehöhle weggefahren in Richtung der Sitzlehne. Die Ansteuerung des Aktors 3 erfolgt durch eine Steuereinheit 5, welche dazu ausgeführt ist, eine elektrische Stromstärke durch den Aktor 3 einzustellen. Durch den elektrischen Strom durch den Aktor 3 wird eine Formgedächtnislegierung im Aktor 3 wegen des elektrischen Widerstands abhängig von der Höhe der Stromstärke erwärmt. Abhängig von der aktuellen Temperatur wiederum der Formgedächtnislegierung stellt diese ihre Form und ihre Länge ein; dies wiederum führt zur Verlängerung bzw. Verkürzung der Sitzfläche 1, da die Formgedächtnislegierung mechanisch mit der Sitzfläche 1 gekoppelt ist.
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2 zeigt Details der 1. Hierbei ist ein Schnitt durch die Vorderkante des Sitzkissens des Fahrzeugsitzes mit der Sitzfläche 1 gezeigt. Die schraffierten Flächen geben insbesondere diejenigen Teile des Volumens des Sitzkissens mit der Sitzfläche 1 an, welche durch die Ansteuerung des Aktors 3 verformt werden. Hierbei ist an einer Oberseite und an einer Unterseite, oder wahlweise alternativ dazu an einer linken Seite und an einer rechten Seite, der Stirnseite des Sitzkissens des Fahrzeugsitzes eine jeweilige Gruppe von Formgedächtnis-Elementen angeordnet, die zusammen den Aktor 3 ausbilden. Die Formgedächtnis-Elemente sind eine Gruppe miteinander in Reihe geschaltet, um die resultierende Längenänderung des Sitzkissens 1 zu erhöhen. Weiterhin sind die Formgedächtnis-Elemente zwischen den Gruppen mit einer Folie 7 oder Stoffelementen miteinander verbunden.
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3 zeigt die Verbindung der Formgedächtnis-Elemente zwischen den Gruppen der Formgedächtnis-Elemente, umfassend Folien 7 oder Stoffelemente 7. In dieser beispielhaften Ausführungen sind die Formgedächtnis-Elemente durch eine geschachtelte Anordnung von Drähten aus Formgedächtnislegierung ausgebildet. Mehrere Schichten von Folien 7 sowie Stoffelementen 7 verbinden die einzelnen Formgedächtnis-Elemente.
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4 zeigt eine Draufsicht der Anordnung aus der 3 und insbesondere, wie die Formgedächtnis-Elemente an einer Oberseite und einer Unterseite einer Sitzschale bzw. eines Sitzkissens angeordnet werden können.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen, beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente, vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehende Erläuterungen in der Beschreibung, definiert wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10 2013 210 020 A1 [0003]
- DE 36 31 872 C1 [0004]