TEMPERATURMESSVERFAHREN
TECHNISCHES GEBIET
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Verbrennungstechnik. Sie betrifft ein Verfahren zur Flammentemperaturmessung und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens, wie sie im Oberbegriff der unabhängigen Ansprüche 1 und 6 beschrieben ist.
STAND DER TECHNIK
Seit Beginn der Forschung auf dem Gebiet der Verbrennungstechnik, kommt der Bestimmung der Flammentemperatur ein hoher Stellenwert zu. Die Flammentemperatur ist bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe ein Schlüsselparameter, da sie direkt mit der chemischen Reaktionskinetik und der Bildung von Schadstoffen, wie beispielsweise NOx korreliert. Darüber hinaus ist die Kenntnis der Energiefreisetzung während des Verbrennungsprozesses unentbehrlich für die Auslegung von Brennkammern und die Bestimmung von mechanischen und thermischen Beanspruchungen aller beteiligten Komponenten.
Derzeit existiert eine Vielzahl von Techniken für die Messung von Flammentemperaturen. Dabei stellen die extremen Einsatzbedingungen insbesondere eine grosse Herausforderung an die Temperatursensoren dar, so dass nicht ohne weiteres jeder unter sauberen Laborbedingungen erprobte Temperatursensor Anwendung in einer Industriebrennkammer finden kann.
Grob können die heute gängigen Temperaturmesstechniken in zwei Kategorien eingeteilt werden; bei den einen gelangen nicht optische Temperatursensoren zum Einsatz und bei den anderen optische.
Zu den nichtoptischen Temperaturmessvorrichtungen zählen die Punktsensoren, die beispielsweise Thermoelemente umfassen. Sie bieten eine einfache und preiswerte Möglichkeit der Temperaturbestimmung an diskreten Punkten, müssen allerdings in unmittelbarer Nähe zur Flamme installiert sein, und nehmen damit Einfluss auf die Flamme. Desweiteren sind Thermoelemente aufgrund ihrer Zerbrechlichkeit nur eingeschränkt in einer turbulenten Hochtemperaturumgebung einsetzbar, in welcher zusätzlich noch chemische Oberflächenreaktionen die Thermoelemente beeinträchtigen.
Insbesondere seit Bekanntwerden der Lasertechnologie wurden zahlreiche optische Temperaturmessvorrichtungen mit entsprechend angepassten Messverfahren entwickelt. Hierunter fallen unter anderem Absorptions- und Fluoreszensver- fahren, sowie verschiedene Messverfahren, die sich des Laserstreulichts bedienen. Den genannten optischen Messverfahren ist gemeinsam, dass sie eine Lichtquelle, einen Laser, benötigen. Sie sind damit aktiver Natur, nehmen aber im Gegensatz zu den Thermoelementen keinen Einfluss auf die Flamme. Diese Verfahren schliessen unter Berücksichtigung des emittierten Lichtes der Quelle und des Messvolumens auf die Temperatur einer Flamme. Aufwendig ist allerdings diese Technik hinsichtlich der verwendeten Messvorrichtungen und der dadurch entstehenden Kosten. Ein kommerzieller Einsatz solcher Laser unterstützter Messsysteme ist somit sehr eingeschränkt.
Eine bekannte optische, nicht aktive Flammentemperaturbestimmung wird mittels Pyrometrie durchgeführt, wobei die von in der Flamme enthaltenen Russteilchen emittierte Schwarzkörperstrahlung ausgenützt wird. Problematisch ist allerdings die Anwendung pyrometrischer Temperaturmesssysteme an Flammen aus gasförmigen Brennstoffen. Aufgrund des sehr geringen Russgehalts ist hier das opti-
sehe Signal sehr schwach. Bei der Signalanalyse kommt erschwerend hinzu, dass das temperatur- und wellenlängeabhängige Emissionsvermögen der strahlenden Russteilchen nur ungefähr bekannt ist, was in Verbindung mit unerwünschten Absorptionseffekten auf dem Weg zum Detektor die Genauigkeit der Methode beeinträchtigt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die derzeit verfügbaren Flammentempe- raturmessverfahren lediglich eingeschränkt industriell nutzbar sind, da sie entweder sehr kostenintensiv sind oder aber hinsichtlich Verschmutzung keine ausreichende Standfestigkeit bei geforderter Genauigkeit gewährleisten.
DARSTELLUNG DER ERFINDUNG
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein optisches Flammentemperatur- messverfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens der eingangs genannten Art dahingehend weiterzuentwickeln, dass eine preiswerte und genaue Flammentemperaturbestimmung mit hoher Standfestigkeit bereitgestellt wird, wobei diese Temperaturbestimmung weitestgehend unbeeinflusst von Verschmutzung bleibt, und wirtschaftlich in industriell genutzten Brennkammern einsetzbar ist.
Erfindungsgemäss wird diese Aufgabe durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1 und 6 gelöst.
Der Kern der Erfindung ist darin zu sehen, dass die in einer Flamme auftretende Chemilumineszenz-Strahlung der OH-Radikale und/oder der CH-Radikale spektral erfasst wird, und anschliessend mit einer Vielzahl theoretisch ermittelter Emissionsspektren für verschiedene Boltzmanntemperaturen verglichen wird, bis eine Übereinstimmung zwischen dem gemessenen Chemilumineszenz-Spektrum und einem Emissionsspektrum festgestellt wird. Das übereinstimmende theoretische Emissionsspektrum wird durch eine eindeutige Boltzmann-Temperatur cha-
rakterisiert. Mittels einer Korrelation wird dann die adiabatische Flammentemperatur aus der Boltzmann-Temperatur abgeleitet.
Die Vorteile der Erfindung sind unter anderem darin zu sehen, dass das erfin- dungsgemässe Temperaturmessverfahren unabhängig ist von wellenlängeabhängigen Untergrundeffekten, welche mittels Korrektur aus dem Rohsignals der Chemilumineszenz-Strahlung herausgefiltert wird.
Es ist besonders zweckmässig, wenn das Chemilumineszenz-Spektrum und die Vielzahl von theoretisch ermittelten Emissionsspektren vor dem Vergleich auf ihr jeweiliges Maximum normiert werden. Eine mögliche Verschmutzung der für die Erfassung der Chemilumineszenz-Strahlung verwendeten optischen Messensoren ist somit für die Bestimmung der Flammentempertur weitgehend ohne Bedeutung.
KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNG
Die Erfindung wird nachstehend anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. In der Zeichnung zeigt die einzige
Fig. ein Blockdiagramm zur Durchführung Temperaturmessverfahrens.
WEG ZUR AUSFÜHRUNG DER ERFINDUNG
Wie die einzige Fig. zeigt, gelangt über eine Sensorfiber 1 die von OH-Radikalen und/oder CH-Radikalen in einer Flamme 2 emittierte Chemilumineszenz-Strahlung zu einem Spektrographen 3, der die spektrale Zusammensetzung analysiert. Der Spektrograph 3 ist auf einen Arbeitsbereich im nahen UV abgestimmt. Bei der Messung wird ein einstellbarer Ausschnitt des Spektrums von etwa 7Onm Breite mit einer Auflösung von 0.3nm aufgenommen, und zwar 270-340nm für OH-Radi- kale und 390-46Onm für CH-Radikale. Die Ansteuerung des Spektrographen be-
treffend der Belichtungszeit und der Anzahl Mittelungen über mehrere Messungen erfolgt über eine Computer-Einheit 4.
Das gemessene spektral aufgelöste Chemilumineszenz-Rohsignal wird zunächst in einem ersten Verfahrensschritt hinsichtlich der in diesem Rohsignal enthaltenen Untergrundeffekte in einem Differenzierglied korrigiert. Um Fehlinterpretatio- nen zu vermeiden, ist hierfür eine möglichst exakte und reproduzierbare Bestimmung der Untergrundeffekte unabdingbar. Bei verschiedenen ausgesuchten Wellenlängen, die in Bezug auf die auszuwertenden Spektrallinien der OH-Radi- kale und CH-Radikale in sogenannten spektralen Lücken liegen, wird die Intensität der Untergrundeffekte ermittelt, woraus mit Hilfe einer Korrelation in einer Recheneinheit 6 aus Polynomfit und kubischem Spline der tatsächliche Verlauf der Untergrundstrahlung angenähert wird. Die wellenlängeabhängige Untergrundstrahlung wird anschliessend im Differenzierglied 5 von dem Chemilumineszenz- Rohsignal subtrahiert.
Das resultierende, korrigierte Chemilumineszenz-Signal wird dann auf sein Maximum normiert, welches im Fall von OH bei 309nm liegt und für CH bei 430nm.
In einem weiteren Verfahrensschritt wird das korrigierte Chemilumineszenz-Spektrum mit einer Vielzahl von theoretisch ermittelten Emissionsspektren in einem ersten Komparator 7 verglichen. Diese Vielzahl von Emissionsspektren wird dabei vorab als eine Art Katalog erstellt, der in geeigneten Temperaturstufungen für jede Boltzmann-Temperatur ein theoretisches Emissionsspektrum der OH- und CH-Radikale enthält. Die diesse theoretischen Emissionsspektren charakterisierende Boltzmann-Temperatur entspricht dabei einer äquivalenten Gleichgewichtstemperatur für die Rotations- und die Vibrationsfreiheitsgrade der OH- und die CH-Radikale.
Jedes theoretische Emissionsspektrum ergibt sich aus der Überlagerung einer Vielzahl von Spektrallinien (für OH-Radikale etwa 600 Spektrallinien und für CH- Radikale etwa 1800), die charakteristischen Radikalübergängen von einem angeregten Zustand in den Grundzustand zugeordnet sind. Die Daten für die charak-
teristischen Radikalübergänge, die Übergangswahrscheinlichkeiten und die zugehörigen Molekürparameter sind einschlägiger Literatur, wie beispielsweise Lifbase V.O.99 Software Package von I.Luque and D.R.Crosley, SRI Internation, 1994, entnommen.
Nach der Superposition der Einzeliinien für jede Boltzmann-Temperatur werden auch die daraus entstandenen, theoretisch ermittelten Emissionsspektren auf ihr jeweiliges Maximum normiert. Anschliessend folgt der Vergleich zwischen dem korrigierten Chemilumineszenz-Spektrum und den theoretischen Emissionsspektren aus dem Katalog. Dieser Katalog wird vor dem Vergleich dem ersten Komparator aus einer Speichereinheit 8 bereitgestellt. Die Vergleichsprozedur wird so lange durchgeführt, bis ein Entscheidungskriterium für eine optimale Übereinstimmung zwischen dem gemessenen Chemilumineszenz-Spektrum und einem theoretischen Emissionsspektrum erfüllt ist. Die dem gefundenen theoretischen Emissionspektrum zugehörige Boltzmann-Temperatur wird in einem zweiten Komparator 9 ermittelt, und anschliessend auch dem Chemilumineszenz-Spetrum zugeordnet.
Für den absch liessenden Verfahrensschritt zur Bestimmung der adiabatischen Flammentemperatur wird eine zuvor einmalig in der Recheneinheit 6 zu bestimmende Korrelation zwischen der Boltzmann-Temperatur und der adiabatischen Flammentemperatur herangezogen. Bei verschiedenen Brennerbedingungen sind hierfür die Boltzmann-Temperturen für die OH- und/oder CH-Radikale ermittelt worden, wobei diese Boltzmann-Temperturen zugehörigen, konventionell ermittelten adiabatischen Flammentemperturen gegenübergestellt werden. Die hieraus erwachsene Korrelation dient dann der Bestimmung der adiabatischen Fiammen- tempertur mit der dem obigen Vergleichsprozess entnommenen Boltzmann-Temperatur. Die Ausgabe der adiabatischen Flammentemperatur erfolgt in der Ausgabeeinheit 10.
Die mittlere Abweichung der Flammentemperaturmessung nach dem beschriebenen Verfahren unter Verwendung der Chemilumineszenz-Strahlung ergibt sich zu
± 10K, wobei dieser Wert als Maximalfehler zu verstehen ist, in welchem alle systemimmanenten Fehler kumuliert sind.
Besonders vorteilhaft ist bei der Normierung der theoretischen Emissionsspektren und der gemessenen Chemilumineszenz-Spektren die Vermeidung von Fehlern, die durch Schwankungen der absoluten Flammenintensität hervorgerufen werden. Hierunter fallen auch die Alterung der Sensorfiber so wie der Niederschlag von Verbrennungsprodukten auf der Fiberendfläche.
Ein entscheidender Vorteil ist, dass bei geeigneter Wahl des spektralen Ausschnitts die gleichzeitige Erfassung der Chemilumineszenz-Strahlung und der Untergrundeffekte erfolgt. Herkömmliche optische, Messverfahren, welche durch "Scannen" ein Spektrum aufnehmen, oder in zwei getrennten Schritten Chemilumineszenz-Strahlung und Untergrundeffekte bestimmen, berücksichtigen nicht, dass der Beitrag der Untergrundeffekte durch Flammenpulsationen falsch bestimmt werden kann.
Im Vergleich zu Messverfahren, welche durch "Scannen" ein Spektrum aufnehmen, ermöglicht das erfindungsgemässe Temperaturmessverfahren eine Reduktion der Rechenzeit um zwei Grössenordnungen, was die Dauer der Flammentemperaturbestimmung mit heute gängigen Rechnersystemen auf weniger als eine Sekunde senkt, in diesem Zusammenhang ist von entscheidender Bedeutung, dass der gesamte Katalog der theoretischen Emissionsspektren unter Berücksichtigung der spezifischen Parameter des verwendeten Messsystems (Auflösung, spektrale Empfindlichkeit) bereits in einem einmaligen Schritt vorab erstellt und dann bei Messbeginn in den Arbeitsspeicher einer Rechnereinheit geladen werden kann. Auf diese Weise wird die Dauer der Vergleichsprozedur drastisch verkürzt.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Erfassung der Chemilumineszenz-Strahlung unmittelbar stromaufwärts der Flammenfront erfolgt. Die Selbstabsorption innerhalb einer Flamme kann somit unberücksichtigt bleiben.
Selbstverständlich ist die Erfindung nicht auf das gezeigte und beschriebene Ausführungsbeispiel beschränkt. So ist erfindungsgemäss auch denkbar, die Chemilumineszenz-Strahlung anderer Radikale als der OH- oder CH-Radikale in dem beschriebenen Verfahren anzuwenden.
Desweiteren kann der Gegenstand der Erfindung auch zur Bestimmung der Luftzahl (λ-Zahl) eines Brenners herangezogen werden, da die Flammentemperatur mit dieser Luftzahl korreiiert. Für diese Anwendung wird in einem vorab durchzuführenden Schritt die Korrelation zwischen der Luftzahl eines Brenners und der Boltzmann-Temperatur bestimmt. Analog zur Bestimmung der adiabatischen Flammentemperatur kann mit der bekannten Korrelation zwischen Boltzmann- Temperatur und Luftzahl des Brenners in weniger als einer Sekunde das momentane Brennstoff-Luft-Mischungsverhältnis ermittelt werden. Mit diesem Brennstoff/Luft-Mischungsverhältnis ist dann durch Verwendung einer aktiven Steuereinheit die Anpassung des Brennstoff-Luftdurchsatzes möglich. Die Genauigkeit der Luftzahlbestimmung liegt bei etwa 1 %.
B E Z U G S Z E I C H E N L I S T E
1 Sensorfiber
2 Flamme
3 Spetrograph
4 Computer-Einheit
5 Differenzierglied
6 Recheneinheit 7, 9 Komparator
8 Arbeitsspeicher
10 Ausgabeeinheit