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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Steuern einer rückwärts gerichteten Bewegung eines Kraftfahrzeugs mit einem Fahrassistenzsystem unter Berücksichtigung der Fahrtrichtungsanzeige eines sich nähernden Verkehrsteilnehmers.
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Moderne Kraftfahrzeuge sind häufig mit einem sogenannten Querverkehrswarnsystem (CTA, auf Englisch Cross-Traffic-Alert-System), mit dem vor sich in rückwärtiger Richtung vom Fahrzeug annähernden weiteren Verkehrsteilnehmern gewarnt werden kann, ausgerüstet. Zusätzlich oder in Kombination mit dem CTA werden auch Bremseingriffssysteme bereitgestellt, die einen Bremsvorgang auslösen, wenn sich ein weiterer Verkehrsteilnehmer innerhalb einer vorbestimmten und geschwindigkeitsabhängigen Entfernung vom Fahrzeug befindet. Aktuelle CTA nutzen vor allem Radardaten, um sich nähernde Verkehrsteilnehmer zu erkennen und ihren wahrscheinlichen weiteren Weg, und damit einen möglichen Kollisionspunkt, abzuschätzen. Teilweise kann bei Verkehrsteilnehmern, die sich nicht auf geradem Weg nähern, keine genaue Zuordnung getroffen werden, wie weit diese in den rückwärtigen Fahrbereich des Fahrzeugs geraten. Neben Radardaten kann auch eine Rückfahrkamera verwendet werden, um die Erfassung des rückwärtigen Bereichs des Fahrzeugs zu verbessern.
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Die besagten Bremssysteme können jedoch einen nicht notwendigen Bremsvorgang auslösen, wenn sich nähernde Verkehrsteilnehmer keine Gefahr darstellen, weil sie einen anderen Kurs als den angenommenen Kollisionskurs steuern wollen. Auch ist in ähnlicher Weise die Rate falscher Alarme der Warnsysteme, die ein akustisches und/oder visuelles Signal aussenden, negativ betroffen. Es besteht damit die Aufgabe, bestehende CTA zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. Weitere vorteilhafte Ausführungsformen und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Figuren, den Ausführungsbeispielen und den Neben- und Unteransprüchen. Die Ausführungsformen bzw. Ausgestaltungen können jeweils für sich genommen oder in verschiedener Kombination von wenigstens zwei dieser Ausgestaltungen miteinander einen weiterbildenden, insbesondere auch bevorzugten oder vorteilhaften, Aspekt der Erfindung darstellen.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern einer rückwärts gerichteten Bewegung eines ersten Fahrzeugs mit einem Fahrassistenzsystem, wobei das Fahrassistenzsystem mindestens einen Sensor und eine Steuerungseinrichtung aufweist sowie mindestens eine Kamera aufweist oder mit einer Kamera verbunden ist, und wobei bei dem Fahrassistenzsystem Schwellenwerte zum Auslösen eines Warn- und/oder Bremseingriffs in Bezug auf den räumlichen und/oder zeitlichen Abstand zu mindestens einem weiteren Verkehrsteilnehmer eingestellt sind. Das Verfahren ist gekennzeichnet durch die Schritte:
- - Betreiben des ersten Fahrzeugs,
- - Einlegen des Rückwärtsgangs,
- - Berechnen einer ersten, auf eine geplante Rückwärtsbewegung des ersten Fahrzeugs bezogene Trajektorie,
- - Ermitteln von Daten in Bezug auf mindestens einen potentiellen sich von rückwärts oder seitlich annähernden Verkehrsteilnehmers,
- - Ermitteln von Daten in Bezug auf einen Fahrtrichtungsanzeiger des sich annähernden Verkehrsteilnehmers,
- - Abschätzen einer zweiten, auf eine Bewegung des sich annähernden Verkehrsteilnehmers bezogene Trajektorie,
- - Anpassen der Schwellenwerte für einen Warn- und/oder Bremseingriff durch die Steuereinrichtung.
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Das Verfahren ist vorteilhaft, weil das Erfassen der Fahrtrichtungsanzeige eine verbesserte Erkennung von validen und nicht validen querfahrenden Objekten ermöglicht. Die Wahrscheinlichkeit von Fehlalarmen wird verringert, und damit unnötige Warnungen und Bremsvorgänge. Damit ist das Verfahren zeit- und energieökonomisch. Das Verfahren ist für jede rückwärtsgerichtete Fahrt geeignet (z.B. für einfaches Rückwärtsfahren, beim Einparken, Wenden und/oder Zurücksetzen). Mit dem Betreiben des ersten Fahrzeugs wird auch das Fahrassistenzsystem in Betrieb genommen.
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Das erste Fahrzeug ist besonders ein Kraftfahrzeug. Das Verfahren ist auch für andere Fahrzeuge geeignet, soweit sie ein Fahrassistenzsystem aufweisen. Unter anderen Verkehrsteilnehmern werden besonders weitere Kraftfahrzeuge verstanden. Es werden aber auch Fahrräder, Fuhrwerke oder Fußgänger von diesem Begriff umfasst.
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Die erste Trajektorie, die dem berechneten weiteren Fahrweg des ersten Fahrzeugs entspricht, wird im Weiteren auch als geplante Trajektorie bezeichnet. Die zweite Trajektorie, die dem abgeschätzten weiteren Fahrweg des sich nähernden Verkehrsteilnehmers entspricht, wird im Weiteren auch als abgeschätzte Trajektorie bezeichnet.
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Unter Fahrtrichtungsanzeiger werden besonders Blinker von Kraftfahrzeugen verstanden. Es werden aber auch Handzeichen oder durch Signalkellen vermittelte Fahrtrichtungsanzeigen von diesem Begriff umfasst.
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Unter Sensoren werden Sensoren verstanden, die einen sich annähernden Verkehrsteilnehmer und dessen Bewegung erfassen können. Genau genommen kann auch die Kamera unter Sensoren subsumiert werden. Wegen der Bedeutung für das Erfassen der Fahrtrichtungsanzeiger wird die Kamera hier separat genannt.
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Die besagten Schwellenwerte in Bezug auf den räumlichen Abstand beziehen sich auf die Entfernung zwischen dem ersten Fahrzeug und dem sich näherndem Verkehrsteilnehmer, wobei das Erreichen/Unterschreiten einer bestimmten Entfernung als kritisch angesehen wird und zum Auslösen einer Warnung und/oder eines Bremseingriffs führt. In analoger Weise gilt das für den zeitlichen Abstand, wobei der zeitliche Abstand auf die Zeit bis zu einer möglichen Kollision bezogen ist.
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Bevorzugt umfasst das Fahrassistenzsystem ein Querverkehrswarnsystem (Cross-Traffic-Alert, CTA).
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Bevorzugt wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren bei einer Fahrtrichtungsanzeige des sich annähernden Verkehrsteilnehmers in Richtung der ersten Trajektorie der Schwellenwert für einen Warn- und/oder Bremseingriff des ersten Fahrzeugs herabgesetzt. Weist mit anderen Worten die Fahrtrichtungsanzeige in Richtung der geplanten Trajektorie, die das erste Fahrzeug nehmen will, wird der Schwellenwert verringert, d.h. Warnsignal oder Bremseingriff werden früher ausgelöst, als wenn keine geplante Fahrtrichtungsänderung durch den sich annähernden Verkehrsteilnehmer ausgelöst würde. Wird keine Änderung der Fahrtrichtung durch den sich annähernden Verkehrsteilnehmer angezeigt, bleiben die Schwellenwerte unverändert.
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Ebenfalls bevorzugt wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren bei einer Fahrtrichtungsanzeige des sich annähernden Verkehrsteilnehmers in eine andere Richtung als zur ersten Trajektorie der Schwellenwert für einen Warn- und/oder Bremseingriff des ersten Fahrzeugs erhöht. Weist mit anderen Worten die Fahrtrichtungsanzeige von der geplanten Trajektorie weg, die das erste Fahrzeug nehmen will, wird der Schwellenwert erhöht, d.h. Warnsignal oder Bremseingriff werden später ausgelöst, als wenn keine geplante Fahrtrichtungsänderung durch den sich annähernden Verkehrsteilnehmer ausgelöst würde. Dadurch werden vorteilhaft unnötige Warnungen und Bremseingriffe vermieden, die unbequem sowie zeit- und energieaufwändig sind. Es ist auch möglich, dass das Auslösen von Warnsignal oder Bremseingriff vollständig unterdrückt wird.
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Es ist weiterhin bevorzugt, wenn das erste Fahrzeug zusätzlich mit dem sich annähernden Verkehrsteilnehmer in eine automatisierte Kommunikationsverbindung treten kann. Die sogenannte V2V (vehicle to vehicle, Fahrzeug-zu-Fahrzeug) -Kommunikation fließt dabei in das erfindungsgemäße Erfassen des Fahrtrichtungsanzeigers des sich annähernden Verkehrsteilnehmers ein, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass der sich annähernden Verkehrsteilnehmer eine bestimmte Richtung einschlägt, erhöht wird. Dabei kann bei ermittelter abgeschätzten Trajektorie des sich annähernden Verkehrsteilnehmers vorteilhaft leichter entschieden werden, ob eine Warnung oder ein Bremseingriff des ersten Fahrzeugs erfolgen soll.
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Bevorzugt fließen zusätzlich Fahrspurinformationen, die auf der Basis von Kartendaten, Navigationsgeräten, Satelliten und/oder Cloud-gestützt bereitgestellt werden, in das Bestimmen der abgeschätzten Trajektorie ein. Diese Daten können die aktuelle Verkehrslage wiedergeben oder statistischer Natur, betreffend den Verkehrsfluss in einem bestimmten Straßenabschnitt, sein. Dabei kann bei ermittelter abgeschätzten Trajektorie des sich annähernden Verkehrsteilnehmers vorteilhaft leichter entschieden werden, ob eine Warnung oder ein Bremseingriff des ersten Fahrzeugs erfolgen soll. Besonders bevorzugt umfassen die Fahrspurinformationen Benutzungsrestriktionen für Fahrspuren, die mögliche Trajektorien des sich annähernden Verkehrsteilnehmers sein können. Wenn also aktuell eine Fahrspur gesperrt, durch eine Baustelle unterbrochen oder nur für eine Fahrtrichtung freigegeben ist, wird das in die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, dass der sich annähernden Verkehrsteilnehmer eine bestimmte Richtung einschlägt, vorteilhaft mit einbezogen.
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Vorzugsweise wird die erste Trajektorie für einen Ausparkvorgang des ersten Fahrzeugs berechnet. Dabei wird beim Ausparken vorteilhaft ein sich annähernder Verkehrsteilnehmer und dessen Fahrtrichtungsanzeiger erfasst, um den Ausparkvorgang ohne überflüssiges Bremsen und/oder Warnen zu Ende zu führen, wenn der Fahrtrichtungsanzeiger des sich annähernden Verkehrsteilnehmers nicht in die Richtung der geplanten Trajektorie weist, oder rechtzeitig zu stoppen und zu warnen, wenn Fahrtrichtungsanzeiger des sich annähernden Verkehrsteilnehmers in die Richtung der geplanten Trajektorie weist.
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Ebenfalls bevorzugt wird die erste Trajektorie für einen Einparkvorgang des ersten Fahrzeugs berechnet. Dabei wird beim Einparken vorteilhaft ein sich annähernder Verkehrsteilnehmer und dessen Fahrtrichtungsanzeiger erfasst, um den Einparkvorgang zumindest bis zum Erreichen eines kritischen Wertes ohne überflüssiges Bremsen und/oder Warnen zu Ende zu führen, wenn der Fahrtrichtungsanzeiger des sich annähernden Verkehrsteilnehmers nicht in die Richtung der geplanten Trajektorie weist, oder rechtzeitig zu stoppen und zu warnen, wenn Fahrtrichtungsanzeiger des sich annähernden Verkehrsteilnehmers in die Richtung der geplanten Trajektorie weist.
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Ein zweiter Aspekt der Erfindung bezieht sich auf ein Kraftfahrzeug mit einem Fahrassistenzsystem mit mindestens einem Sensor und einer Steuerungseinrichtung zum Ermitteln von sich annähernden Verkehrsteilnehmern, zum Berechnen von Trajektorien und Steuern von Warn- und/oder Bremseingriffen, wobei die Steuerungseinrichtung ausgebildet ist,
eine erste Trajektorie für ein geplantes Rückwärtsfahrmanöver des Kraftfahrzeugs zu berechnen und entsprechende Steuerbefehle an Einrichtungen des Kraftfahrzeugs zu erteilen, ein Manöver entsprechend der ersten Trajektorie zu starten,
entsprechend vom Sensor übermittelter Werte mindestens einen sich annähernden Verkehrsteilnehmer zu erkennen und mit Daten in Bezug auf eine Fahrtrichtungsanzeige des sich annähernden Verkehrsteilnehmers eine zweite, auf den des sich annähernden Verkehrsteilnehmer bezogene Trajektorie abzuschätzen,
und Schwellenwerte für einen Warn- und/oder Bremseingriff in Abhängigkeit von der ermittelten zweiten Trajektorie und der Fahrtrichtungsanzeige des sich annähernden Verkehrsteilnehmers anzupassen.
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Die Vorteile des erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs entsprechen den Vorteilen des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die Erfindung wird anhand der Figuren näher erläutert. Es zeigen
- 1 ein Blockdiagramm einer Ausführungsform des erfindungsgemä-ßen Kraftfahrzeugs.
- 2 ein Fließdiagramm einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.
- 3 eine schematische Darstellung einer Situation eines Parkraummanövers.
- 4 eine schematische Darstellung einer Situation eines Parkraummanövers zum Ausparken des Kraftfahrzeugs gemäß 1.
- 5 eine schematische Darstellung einer weiteren Situation eines Parkraummanövers zum Ausparken des Kraftfahrzeugs.
- 6 eine schematische Darstellung einer Situation eines Parkraummanövers zum Einparken des Kraftfahrzeugs.
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In 1 sind die Komponenten eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs (erstes Fahrzeug) 1 in modularer Form dargestellt, die zum Ausführen des erfindungsgemäßen Verfahrens notwendig sind. Das Kraftfahrzeug gemäß 1 wird auch als erstes Fahrzeug bezeichnet. Dabei entsprechen die Module nicht notwendigerweise räumlichen Einheiten, sondern können als funktionelle Einheiten anzusehen sein, die innerhalb einer Steuerungseinrichtung funktionieren, die entsprechend ausgebildet ist, das erfindungsgemäße Verfahren zu steuern. Die Module können dabei auch voneinander umfasst sein, d.h. einzelne Module können Untermodule von einem bestimmten Modul sein.
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Ein erstes Modul 10 entspricht einem CTA. Das CTA ist in einem vollautomatisierten Parkassistenzsystem umfasst. Das erste Modul 10 umfasst Sensoren 11, die ausgebildet sind, in einer näheren rückwärtigen Umgebung des ersten Fahrzeugs 1 Hindernisse zu erfassen, besonders andere Verkehrsteilnehmer. Die Sensoren sind z.B. Ultraschallsensoren, oder basieren auf Radar, Laser, Lidar oder anderen Technologien. Das erste Modul 10 umfasst weiterhin eine Warneinrichtung und ein Bremssystem 12 oder ist mit entsprechenden Einrichtungen des ersten Fahrzeugs 1 verbunden.
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Das erste Modul 10 umfasst weiterhin eine Steuerungseinrichtung 13. Die Steuerungseinrichtung 13 ist eine elektronische Steuereinheit mit den Algorithmen der CTA-Funktion. Die Steuerungseinrichtung 13 ist ausgebildet, Signale von den Sensoren zu empfangen, Abstand, Geschwindigkeit und wahrscheinliche Trajektorie von anderen, sich annähernden Verkehrsteilnehmern abzuschätzen und Steuerbefehle an Warneinrichtung und/oder Bremssystem zu erteilen. Die Warneinrichtung kann dabei Signale akustischer (Klanggeräusche über Lautsprecher), visueller (z.B. über Leuchtdioden oder Bildschirmanzeige) oder auch taktiler Natur (Vibrationen) generieren.
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Ein zweites Modul 20 umfasst eine Kamera, die auf den rückwärtigen Raum des ersten Fahrzeugs 1 gerichtet ist. Dabei ist die Kamera vorzugsweise so ausgerichtet, dass sie die Umgebung in einem Winkel von 180° des rückwärtigen Raumes erfassen kann. Die Kamera kann auch beweglich sein und bei einem Manöver besonders in die Richtung geschwenkt werden, in die sich das erste Fahrzeug bewegt. Dabei ist das zweite Modul 20 besonders dafür vorgesehen, die Fahrtrichtungsanzeiger 14 anderer Verkehrsteilnehmer zu erfassen. Das zweite Modul 20 ist ausgebildet, erfasste Daten an das erste Modul 10 und damit auch an die Steuerungseinrichtung 13 zu senden. Alternativ kann auch das erste Modul 10 eine Kamera aufweisen, die somit von den Sensoren 11 umfasst sein kann.
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Ein drittes Modul 30 umfasst ein Navigationssystem. Das Navigationssystem ist ausgebildet, beispielsweise Straßenkarteninformationen, Fahrspurinformationen sowie Benutzungsrestriktionen für Fahrspuren, die von der abgeschätzten Trajektorie getroffen werden, bereitzustellen. Das dritte Modul 30 ist ausgebildet, erfasste Daten an das erste Modul 10 zu senden.
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Ein viertes Modul 40 umfasst eine Kommunikationseinrichtung. Besonders umfasst das vierte Modul 40 mindestens eine Einrichtung, die zur Fahrzeugzu-Fahrzeug-Kommunikation ausgebildet ist. Das vierte Modul 40 ist ausgebildet, erhaltene Informationen, besonders in Bezug auf eine abgeschätzte Trajektorie mindestens eines sich annähernden Verkehrsteilnehmers, an das erste Modul 10 zu senden.
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In der in 2 gezeigten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird in einem ersten Schritt S1 das erste Fahrzeug 1 in Betrieb genommen. Dabei werden die notwendigen Betriebssysteme des Fahrzeugs gestartet, so dass es eine Bewegung starten kann. In einem zweiten Schritt S2 wird der Rückwärtsgang eingelegt, so dass klar ist, dass die geplante Bewegung in Rückwärtsrichtung des ersten Fahrzeugs 1 gestartet wird. In Schritt S2 wird auch das CTA in Betrieb genommen.
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In einem dritten Schritt S3 wird eine erste Trajektorie berechnet. Diese erste Trajektorie ist auf eine geplante Rückwärtsbewegung des ersten Fahrzeugs 1 bezogen. In die Berechnung fließen geplante Fahrtrichtung (indiziert z.B. durch gesetzten Fahrtrichtungsanzeiger 14, Lenkwinkel, Gierrate und/oder weiteren Parametern) und erfasste freie Flächen (z.B. Parklücken zwischen anderen Fahrzeugen, freie Fahrbahn) ein. Beispielsweise wird bei einem rechts gesetzten Blinker und einer in rückwärts gerichteter Fahrtrichtung des ersten Fahrzeugs 1 erfassten Parklücke eine in diese Parklücke gerichtete geplante Trajektorie berechnet.
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In einem vierten Schritt S4 werden Daten in Bezug auf mindestens einen potentiellen sich von rückwärts oder seitlich annähernden Verkehrsteilnehmers von den Sensoren 11 ermittelt. Dabei wird in erster Linie ermittelt, ob sich ein Verkehrsteilnehmer annähert. Wenn kein Verkehrsteilnehmer ermittelt wird (N wie Nein), wird die erste Trajektorie ohne Warnsignale oder Bremseingriffe fortgesetzt und zu Ende geführt (S4a). Wenn ein Verkehrsteilnehmer ermittelt wird (J wie Ja), läuft das Verfahren zu einem fünften Schritt S5 weiter, in dem Daten in Bezug auf einen Fahrtrichtungsanzeiger 14 des sich annähernden Verkehrsteilnehmers ermittelt werden. Bei einem anderen Kraftfahrzeug ist der Fahrtrichtungsanzeiger 14 ein Blinker 14. Bei Radfahrer werden auch Handzeichen als Fahrtrichtungsanzeige 14 gewertet, oder z.B. auch Handkellen bei Fuhrwerken. Dabei wird mit der Kamera des zweiten Moduls 20 erfasst, ob der sich annähernde Verkehrsteilnehmer z.B. einen Blinker 14 gesetzt haben oder nicht, und welche Richtungsänderung der Blinker 14 anzeigt.
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Anhand der ermittelten Daten des sich annähernden Verkehrsteilnehmers wird in einem sechsten Schritt S6 von der Steuerungseinrichtung 13 eine zweite, auf eine Bewegung des sich annähernden Verkehrsteilnehmers bezogene Trajektorie abgeschätzt. Dabei wird einbezogen, ob ein Blinker gesetzt ist, und wenn ja, ob er in die Richtung der ersten Trajektorie zeigt oder in die andere, von der ersten Trajektorie wegweisende Richtung. Die Blinkersetzung fließt dabei in das Abschätzen der zweiten Trajektorie mit ein.
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In einem siebten Schritt S7 werden Schwellenwerte für einen Warn- und/oder Bremseingriff, die zu Beginn des Verfahrens einen vorgegebenen, standardisierten Wert aufweisen, durch die Steuereinrichtung angepasst. Die Schwellenwerte sind vorgegeben, und betreffen besonders erfasste Verkehrsteilnehmer, die bei weiterer Annäherung potentiell in den Bereich der ersten Trajektorie gelangen können. Geht aus den Berechnungen hervor, dass sich die zweite Trajektorie mit der ersten Trajektorie mit hoher Wahrscheinlichkeit berühren wird, werden die vorgegebenen Schwellenwerte heruntergesetzt. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Fahrtrichtungsanzeiger 14 des sich nähernden Verkehrsteilnehmers in die Richtung der ersten Trajektorie des ersten Fahrzeugs weisen. Dann wird bei Unterschreiten eines vorgegebenen Abstands durch den sich nähernden Verkehrsteilnehmer ein entsprechender Steuerbefehl von der Steuerungseinrichtung 13 an die Warneinrichtung und/oder Bremssystem erteilt und dementsprechend ein Warnsignal aktiviert und/oder ein Bremseingriff ausgelöst. Wenn die Fahrtrichtungsanzeiger 14 des sich nähernden Verkehrsteilnehmers nicht aktiviert sind, werden die vorgegebenen Schwellenwerte beibehalten.
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Ist erkennbar, dass sich die zweite (abgeschätzte) Trajektorie und die erste (geplante) Trajektorie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht berühren, werden die Schwellenwerte zum Auslösen von Warnsignal und Bremseingriff erhöht. Mit anderen Worten werden erst bei höheren Werten im Vergleich zu den bei Verfahrensbeginn vorgegebenen Schwellenwerten Warnsignale aktiviert und/oder ein Bremseingriff ausgelöst. Dies betrifft besonders einen geringeren Abstand vom ersten Fahrzeug 1 zum sich nähernden Verkehrsteilnehmer, ab dem eine Warnung und/oder Bremseingriff ausgelöst wird.
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In den 3 - 6 wird zur Illustration des erfindungsgemäßen Verfahrens die Reaktion des Fahrassistenzsystems des ersten Fahrzeugs 1 auf die Aktionen eines Zielfahrzeugs 2 beschrieben, das der weitere, sich annähernde Verkehrsteilnehmer ist (im Sinne eines Ziels, das von dem Fahrassistenzsystem des ersten Fahrzeugs erfasst wird). Es ist aus dem Kontext dieser Beschreibung klar, dass es sich bei dem sich annähernden Verkehrsteilnehmer auch um Fahrradfahrer, Fußgänger und/oder Fuhrwerke handeln kann.
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In 3 ist der Kern des erfindungsgemäßen Verfahrens anhand einer Parkplatzsituation erklärt. Das helle, auf dem Parkplatz rechts stehende Fahrzeug ist das erste Fahrzeug 1. Das erste Fahrzeug 1 ist im Begriff, sich entsprechend einer geplanten Trajektorie 3 rückwärts aus der Parklücke zu bewegen. Das sich von rechts unten annähernde Fahrzeugs ist das Zielfahrzeug 2, dessen mögliche weitere Bewegung durch die beiden Pfeile induziert ist. Der vom Zielfahrzeug 2 aus geradeaus zeigende Pfeil induziert eine Geradeausbewegung mit einer abgeschätzten Trajektorie 4a, der nach links weisende Pfeil induziert ein Linksabbiegen mit einer abgeschätzten Trajektorie 4b. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird erfasst, ob das Zielfahrzeug 2 blinkt oder nicht. Blinkt es nicht, nimmt der Fahrassistent an, dass es geradeaus fährt, und der Schwellenwert für das Auslösen eines Bremseingriffs wird erhöht. In diesem Fall wird kein Warnsignal und/oder Bremseingriff ausgelöst. Sollte das zweite Fahrzeug trotz Nichtblinkens links abbiegen, würde der Bremseingriff bei Erreichen des erhöhten Schwellenwertes, der einem geringeren Abstand als dem normalen Schwellenwert entspricht, ausgelöst. Blinkt das zweite Fahrzeug 2 jedoch, wird das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erfasst und ein Warnsignal und/oder Bremseingriff werden ausgelöst. Anstelle des oder zusätzlich zum Blinkersignal oder mehreren Blinkersignalen können auch Informationen der Module 30 und 40 für die Berechnung des geeigneten Schwellenwertes hinzugezogen werden.
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In der in 4 dargestellten Situation ist das erste Fahrzeug 1 im Begriff, aus einer Parklücke zwischen zwei anderen Fahrzeugen entlang einer ersten Trajektorie 3 auf eine Fahrbahn auszuparken. Von rechts nähert sich ein zweites Fahrzeug 2, das den linken Blinker aktiviert hat. Der Fahrassistent des ersten Fahrzeugs 1 erfasst das zweite Fahrzeug 2 in Schritt S4 und den links aktivierten Blinker des zweiten Fahrzeugs in Schritt S5. Es wird in Schritt S6 für die Bewegung des zweiten Fahrzeugs 2 eine zweite Trajektorie 4 abgeschätzt, die nicht mit der ersten Trajektorie 3 in Berührung kommt. Damit kann in Schritt S7 entschieden werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer Kollision verringert ist, und die Schwellenwerte für Warnsignal und/oder Bremseingriff zu erhöhen. Dies geschieht, um kein Warnsignal und/oder keinen Bremseingriff auszulösen, solange das zweite Fahrzeug einen Abstand nicht unterschreitet, der dem erhöhten Schwellenwert entspricht. Begriffe wie „verringert“ oder „erhöht“ in Bezug auf Wahrscheinlichkeit und Schwellenwerte beziehen sich auf den Vergleich zu normalen Werten, die den Fahrtrichtungsanzeiger 14 und/oder andere durch die Module 30 und 40 bereitgestellte Information nicht einbeziehen.
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In 5 ist die Situation ähnlich der von 4. Hier hat das sich von rechts nähernde zweite Fahrzeug 2 den rechten Blinker aktiviert. Der Fahrassistent des ersten Fahrzeugs 1 erfasst das zweite Fahrzeug 2 in Schritt S4 und den rechts aktivierten Blinker des zweiten Fahrzeugs 2 in Schritt S5. In Schritt S6 wird für die Bewegung des zweiten Fahrzeugs 2 eine zweite Trajektorie 4 berechnet, die mit der ersten Trajektorie 3 in Berührung kommt. Damit kann in Schritt S7 entschieden werden, auf Grund einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Kollision die Schwellenwerte für Warnsignal und/oder Bremseingriff nicht zu verändern oder alternativ herabzusetzen, so dass rechtzeitig ein Warnsignal und/oder Bremseingriff ausgelöst wird.
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In der in 6 dargestellten Situation ist das erste Fahrzeug 1 im Begriff, in eine Parklücke zwischen zwei anderen Fahrzeugen entlang einer ersten Trajektorie 3 rückwärts einzuparken (in einem sogenannten parallelen Einparkmanöver). Von rechts nähert sich ein zweites Fahrzeug 2, das den linken Blinker aktiviert hat. Der Fahrassistent des ersten Fahrzeugs 1 erfasst das zweite Fahrzeug 2 in Schritt S4 und den links aktivierten Blinker des zweiten Fahrzeugs in Schritt S5. Es wird in Schritt S6 für die Bewegung des zweiten Fahrzeugs 2 eine zweite Trajektorie 4 berechnet, die nicht mit der ersten Trajektorie 3 in Berührung kommt. Damit kann in Schritt S7 entschieden werden, die Schwellenwerte für Warnsignal und/oder Bremseingriff auf Grund einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer Kollision zu erhöhen, und kein Warnsignal und/oder keinen Bremseingriff auszulösen, solange das zweite Fahrzeug einen Abstand nicht unterschreitet, der dem erhöhten Schwellenwert entspricht.
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Würde kein Blinker des zweiten Fahrzeugs 2 gesetzt, würde das Verfahren derart ablaufen, dass der Fahrassistent des ersten Fahrzeugs 1 das zweite Fahrzeug 2 in Schritt S4 erfasst, aber in Schritt S5 keinen aktivierten Blinker des zweiten Fahrzeugs 2 erfasst. In Schritt S6 wird für die Bewegung des zweiten Fahrzeugs 2 eine zweite Trajektorie 4 dahingehend berechnet, dass sie vom zweiten Fahrzeug aus geradeaus verläuft und mit der ersten Trajektorie 3 in Berührung kommt. Damit wird in Schritt S7 entschieden, die Schwellenwerte für Warnsignal und/oder Bremseingriff nicht zu verändern, so dass rechtzeitig ein Warnsignal und/oder Bremseingriff ausgelöst wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- erstes Fahrzeug
- 2
- Zielfahrzeug
- 3
- erste, geplante Trajektorie
- 4
- zweite, abgeschätzte Trajektorie
- 4a
- geradeausführende abgeschätzte Trajektorie
- 4b
- abbiegende abgeschätzte Trajektorie
- 10
- erstes Modul
- 11
- Sensor
- 12
- Mensch-Maschine-Schnittstelle
- 13
- Steuerungseinrichtung
- 14
- Fahrtrichtungsanzeiger des Zielfahrzeugs
- 20
- zweites Modul
- 30
- drittes Modul
- 40
- viertes Modul