Der Zustand der Demokratie hat sich laut dem gestern vorgestellten Demokratie-Index in den Bereichen Grundrechte, Zivilgesellschaft und Medien deutlich verschlechtert. Der Index beschreibt einmal jährlich den Zustand und die Entwicklung demokratischer Indikatoren in Österreich.
Bewertet werden sieben Institutionen der Demokratie: Souverän, Parteien, Legislative, Exekutive, Justiz, Medien und Zivilgesellschaft. Der Index wurde zum vierten Mal von neun demokratiepolitischen Organisationen erarbeitet, die sich im Verein „Demokratie-Index“ zusammengeschlossen haben.
Insgesamt fließen 115 Einzelanforderungen in die Bewertung ein. Der Trend des Demokratie-Index zeigt nach einer Stabilisierung in den Vorjahren abwärts – sein Wert verschlechterte sich um 0,6 Prozentpunkte von zuletzt 55,7 auf 55,1 Prozent. Positiv habe sich etwa das neue Informationsfreiheitsgesetz ausgewirkt, dessen konkrete Effekte aber noch abzuwarten seien, sagte Vereinsobmann Mathias Zojer.
Eine Verschlechterung im Bereich digitaler Grundrechte sah Thomas Lohninger vom Verein epicenter.works, der sich für digitale Rechte einsetzt. Er verwies auf verstärkte Überwachung, etwa durch den beschlossenen „Bundestrojaner“ und die geplante flächendeckende Innenstadtüberwachung durch die Polizei.
„Besorgniserregende Entwicklungen“
Auch im Bereich der Menschen- und Grundrechte gebe es „besorgniserregende Entwicklungen“, sagte Marianne Schulze von der Österreichischen Demokratie-Stiftung. Sie verwies auf den Stopp des Familiennachzugs, den Gesetzesentwurf zum Kopftuchverbot und auf zunehmende freiheitsbeschränkende Maßnahmen in Pflege- und Altersheimen.
Die Menschenrechtsexpertin sah außerdem das Vertrauen in demokratische Institutionen gefährdet und kritisierte dabei die Exekutive für unterschiedliche Maßstäbe bei Polizeieinsätzen. Zudem seien zivilgesellschaftliche Organisationen wie NGOs im vergangenen Jahr unter politischen Druck geraten.
Empfehlungen gegen Abwärtstrend
„Die Lage ist ernst, aber noch lange nicht hoffnungslos. Entscheidend ist, dass sich alle demokratischen Kräfte der Gefahren für die Demokratie bewusst werden und gemeinsam und entschlossen dagegen auftreten“, sagte Zojer.
Der Demokratie-Index empfiehlt daher unter anderem eine Abkehr von Massenüberwachung, die umfassende Umsetzung der aktiven Veröffentlichungspflicht von Dokumenten der Exekutive, die Stärkung von Bürgerinitiativen sowie die gezielte Förderung von Qualitätsjournalismus.
An der Erarbeitung des Index beteiligt waren neun Organisationen: das Antikorruptionsvolksbegehren, Demokratiestiftung.at, epicenter.works, Forum Informationsfreiheit, IG Demokratie, Meine Abgeordneten, Presseclub Concordia, SOS Mitmensch und Wahlbeobachtung.org.
Die Mitglieder dieser Initiative machen klar, dass ihre Herangehensweise keiner streng wissenschaftlichen Methode folgt, sondern auf dem Buch „Freiheit, Gleichheit, Ungewissheit. Wie schafft man Demokratie?“ des Politikwissenschaftlers Jan-Werner Müller basiert.